Kapitel VI – Der Sumpf
Herin der Halbelf, Trokk der Goblin und Zark transportierten den schweren Halbriesen Adular auf der provisorischen Trage in Richtung Fitzwald, als Zark auffiel dass der verletzte Halbriese wieder zu bluten begann: „Verdammter Mist, er liegt auf dieser Trage nicht stabil genug! Die Wunde reißt immer wieder auf. Wenn das so weiter geht, ist er ausgeblutet bis wir in Fitzwald sind“, sagte Zark zu Trokk.
„Selbst wenn wir uns beeilen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er es nicht schaffen wird“, antwortete der Goblin.
„Wir könnten durch den Sumpf, das würde unseren Weg halbieren und Adular hätte eine realistische Chance zu überleben.“
„Eine gefährliche Route. Wenn wir nicht im Moor steckenbleiben, kriegt uns das Sumpfvolk.“
„Es ist lange her, dass jemand vom Sumpfvolk gehört hat. Mindestens vierzig Winter sind seit der letzten Sichtung vergangen…“
Die Klan-Mitglieder diskutierten die Optionen und beschlossen schließlich doch durch den Sumpf zu gehen.
Das Sumpfvolk
Damals gab ein Ereignis, das den Startschuss gab um alle Sumpfleute zur Jagd freizugeben – die Moormänner hatten sich an Kindern von hoher Geburt vergriffen. Damals schlossen sich Menschen, Zwerge und Elfen zusammen, um sie wie wilde Tiere zu jagen. Ein regelrechter Kult entstand. Von nah und fern reisten Männer und Frauen an um diesen, ihrer Meinung nach, grotesken Bestien den Gar aus zu machen und sich eine Trophäe zu sichern. Nach einiger Zeit wurden die Sichtungen im Sumpf immer weniger, bis das Volk eines Tages als ausgestorben galt. Die Geschichten jedoch blieben...
So zogen die drei Gefährten mit dem Halbriesen auf der Trage durch den Sumpf. Der Weg war beschwerlich und sie sanken gefährlich oft ein, doch fanden sie bald einen Trampelpfad der in Richtung Fitzwald führen könnte. Sie passierten immer wieder alte Bauwerke, von denen nicht einmal Trokk wusste, woher sie stammten. Die Architektur glich keinem Haus und keiner Feste die Zark je erbaut oder gesehen hatte.
Herin fiel auf, dass das Blut Adulars Aasfresser anlockte. Immer wieder mussten sie über ihre Schulter blicken, um sicher zu gehen, dass sich kein wildes Tier anpirschte. Dabei vergaßen sie, den Weg vor ihnen nicht aus den Augen zu verlieren. Als aus dem Dickicht zwei große froschähnliche, bewaffnete Gestalten hervorsprangen trauten sie ihren Augen nicht. Mit einer Geste zeigten die Sumpfleute den Gefährten, dass sie ihnen folgen sollten. Sie führten die Steinpranken tief in den Sumpf, bis sie zu einem kleinen Unterschlupf der Sumpfleute gelangten. Dort kam aus einer kleinen Hütte eine ältere Menschenfrau heraus.
Sie hatte Blüten und Kräuter in der Hand. Ohne ein Wort zu verlieren ging die Frau zu Adular, zerrieb die Zutaten in der Hand, drückte sie auf seine Wunde und verband sie erneut: „Das sollte vorerst die Blutung stillen und die Raubtiere auf Abstand halten“, sagte die Frau.
„Habt dank. Wie ich sehe, ist die Heilkunde für euch kein fremdes Gebiet. Wir haben Gold dabei und würden euch reichlich entlohnen, wenn ihr euch mehr um den Halbriesen kümmern könntet“, sagte Zark.
„Geht weiter, wohin ihr auch wollt. Gold ist hier nichts wert und Fremde sind nicht willkommen, ihr bringt nur Unglück. Ich wollte nur, dass ihr keine weiteren Dunkelkatzen und Sumpfwölfe in die Nähe meiner Hütte lockt.“
„Bitte zeigt Erbarmen, selbst dort, wo wir hinwollen, hat niemand so viel Ahnung von Heilkunde wie ihr.“
„Los jetzt. GEHT!“
Die zwei großen froschähnlichen Krieger zogen ihre Waffen und machten den Abenteurern deutlich zu gehen. Zark und seine Truppe wollten wehmütig weiter ziehen, als ein scheinbar sehr alter Sumpfmann aus der Hütte humpelte: „Na, na… wo bleiben denn deine Manieren Gundar. Lasst mich einen Blick auf euch werfen. Ein Halbriese, ein Goblin, ein Halbelf und… deinesgleichen habe ich noch nie gesehen. Doch kommt mir dein Geruch sehr bekannt vor. Nicht ganz Zwerg, nicht ganz Goblin.“ Zark antwortete: „Du liegst richtig – mein Vater ist ein Zwerg, meine Mutter ein Goblin.“
„Faszinierend, ich dachte immer die Gene der Zwerge wären stärker, aber wie es scheint, sind beide gleichstark. Was führt euch durch den Sumpf?“
„Wir haben diesen verletzten Halbriesen auf unserer Reise entdeckt und wollen ihn so schnell es geht nach Fitzwald bringen. Deshalb sind wir das Risiko eingegangen den Sumpf zu durchqueren.“
„Nun denn, lasst mich seine Wunden sehen.“
Der alte Sumpfmann untersuchte die Wunde des Halbriesen gründlich und nuschelte etwas vor sich hin. Dann blickte er zu Gundar und diese ging in die Hütte und holte eine Salbe, mit der die Wunde erneut eingerieben und letztendlich zugenäht wurde. Der Alte drückte Zark die Salbe in die Hand und sagte: „Drei Mal täglich, bis sie leer ist. Und er braucht viel Ruhe und Kraftbrühe. So ein Halbriese verbraucht eine Menge Energie. Und jetzt zieht schnell fort nach Fitzwald. Zwei von uns werden euch den Weg weisen.“
Gundar wirkte erzürnt auf die Worte des Heilers. Die Gruppe setzte sich in Bewegung, doch Zark drehte sich noch einmal um und blickte dem Alten tief in seine abstehenden Augen.
Als die Steinpranken den Sumpf verließen, blickte Herin Zark fragend an: „Wieso wollte Gundar uns nicht helfen?“. „Ich weiß nicht, aber ich denke ich werde es bald herausfinden“, antwortete Zark. Herin blickte noch verwirrter. „Sobald wir in Fitzwald sind, muss ich nochmal zurück. Ich kann es euch nicht erklären, aber ich muss nochmal zurück“, sagte Zark und schob nachdenklich die Trage weiter.