Kapitel IV – Der Klan der Steinpranke
I
Im prasselnden Regen legte er den Gehstock seines Vaters auf das Grab. In tiefster Trauer schwor er ihm seine Mutter zu finden. Er würde all jene rächen, die den Schwarzhelmen zum Opfer fielen und all jene befreien, die in Gefangenschaft lebten. Zark wusste auch schon wie er das alles anstellen konnte.
Er ging ins Haus und packte die letzten Andenken, die er an seine Familie hatte und lud sie auf den Ochsenkarren. Ein letztes Mal blickte er zur Waldhütte und erinnerte sich an all den Spaß, den er mit seinem Vater beim Erbauen hatte und an all jenes, was ihm sein Vater lehrte. Voller Trauer und Wut machte er sich auf den Weg nach Fitzwald. Der kleine Bär wich dabei nicht von seiner Seite und tollte im Regen, als ob er Zark aufmuntern wollte.
In Fitzwald herrschte zu dieser Zeit Aufbruchsstimmung. Viele der Bewohner gingen, um den Konflikt zu meiden und manch einer kam, um sich der Bewegung anzuschließen. Der Bund hatte der Unterstützung der Gründung zugestimmt und viele Güter nach Fitzwald gebracht. Neben Nahrung und Saatgut, waren auch Waffen dabei. Der Klan hatte alle Hände voll zu tun, die Lager aufzufüllen. Auch Dungur und sein Bruder gaben ihr Bestes und ließen die Schmiede heiß laufen. Sie stellten einfache Schwerter her und schmiedeten Spitzen für Pfeile und Bolzen. Die Steinpranke bestand zu dieser Zeit hauptsächlich aus Bauern, Knechten, Kaufleuten und einfachen Bürgern. Deshalb gaben die vier Wölfe diesen Leuten eine Grundausbildung im Kampf.
Ein paar Tage vergingen bis Zark wieder vor Fitzwald stand. Er ging in das Dorf hinein und begab sich zu Dungurs Schmiede. Viele der Häuser an denen er vorbeizog waren verlassen. Als er zur Schmiede gelangte stürmte Dungur heraus. Der kleine Bär rannte dem Schmied entgegen und hüpfte gleich in dessen Arme. Dungur lachte und freute sich. Kurz darauf sah er Zarks Gesicht, der ihn traurig angrinste. Der Zwergenschmied wurde bedächtig: „Na mein Freund, hast du sie gefunden?“ fragte Dungur.
„Ja, aber wir waren nicht lange vereint…“ sagte Zark und erzählte ihm die ganze Geschichte.
Dungur klopfte Zark wuchtig auf den Rücken und sagte zu ihm: „Wir finden deine Mutter! Es muss endgültig Schluss sein mit ihrem Treiben. Ich ertrage diese Hundesöhne nicht länger. Na los Zark, gehen wir zur Taverne rüber. Unsere Besprechung startet gleich.“
Der neu gegründete Clan diskutierte und tauschte sich aus. Nach einiger Zeit stand fest, dass sie zunächst Rohstoffe bräuchten, um mehr Rüstungsgüter herzustellen. Dazu wollten sie die nähergelegenen bekannten Handelsrouten auskundschaften, um herauszufinden, wer wann welche Ware wohin entsendet. Cecilia, die Fährtenleserin und Dungurs Bruder, Drur machten sich am nächsten Tag auf, um Informationen zu sammeln.
II
Nach einigen Nächten kamen Cecilia und Drur mit Neuigkeiten zur Handelsroute zurück. Tatsächlich würde in den kommenden Tagen ein bewachter und schwergepanzerter Transport, unbekannter Herkunft, eine nahegelegene Route passieren. So suchten sie Freiwillige, die sich bereiterklärten, den Überfall durchzuführen. Als erster hob Zark seinen Arm. Daraufhin blickte ihn Dungur erstaunt an und hob hektisch ebenfalls seine. Auch Drur und ein Goblin wollten mit dabei sein. Die kräftige Magd Börne hob auch ihren Arm. Die fünf Mitglieder der Steinpranke wollten den Angriff wagen.
Cecilia hatte aber einen Einwand: „Das sind schwerbewaffnete Soldaten und der Transporter ist massiv gepanzert. Wie wollt ihr das zu fünft schaffen?“
„Ich hab‘ da schon eine Idee. Bringt mir Bretter, Hölzer und Balken. Dazu noch rote Farbe und so viel Schnaps wie ihr finden könnt. Und Dungur: Du hast doch diese alte Trompete die du seit vier Wintern reparieren willst? Bring sie mir!“ Sagte Zark.
„Was hast du vor?!“ Fragte Dungur erstaunt.
„Holt mir die Sachen, dann erklär‘ ich euch den Plan!“
Während sie sich für den Angriff vorbereiteten entstand ein Dialog: „Ne miese Sache, das mit deinen Eltern. Tut mir Leid für dich“, sagte Börne.
„Schon gut, ich brauch einfach Zeit… Du warst doch in der alten Zwergenmine gefangen gehalten? Wieso bist du als Mensch festgenommen worden?“, fragte Zark.
„Sie hatten meinen Kollegen am Wegesrand aufgehängt und den Bauernhof auf dem ich arbeitete niedergebrannt. Als ich dann in Fitzwald war und mitbekam, dass sie Drur mitnehmen wollten, setzte ich mich für ihn ein und prügelte mich mit den Schwarzhelmen. Leider kam ich gegen so viele nicht an. Deshalb haben sie mich bewusstlos geprügelt und eingesperrt… Was ist denn das für ein riesen Schießeisen da?!“
„Ach das ist die Flinte meines Vaters, Drachenohr.“ „Das Teil hat sicherlich ein Vermögen gekostet. Zeig mal her!“ Börne inspizierte die schwere Muskete und fragte Zark: „Wo hatte sie dein Vater gekauft?“
„So etwas kann man nirgends kaufen. Mein Vater hat sie selbst gebaut. Er lebte lange Zeit bei den Gnomen im Süden und hatte gute Beziehungen zu den Winzlingen. Deshalb gewährten sie ihm auch die Ausbildung im Feinhandwerk der Gnome. Und das hier“, Zark packte die Muskete: „War sein Meisterstück. Eine Spezialanfertigung die seines gleichen sucht. So etwas können nur die Meister der Gnom-Handwerker bauen. Oder eben mein Vater… Doch leider starb sein Wissen mit ihm. Und jetzt habe ich weder Knall-Pulver, passende Munition oder auch nur eine Ahnung wie das Teil funktioniert.“
„Ein Jammer... Hört sich an, als wäre dein Vater ein guter Mann gewesen.“
„Er war der beste Zwerg den ich kannte…“ Zark atmete tief durch und ging nach draußen.
Die kleine Truppe versammelte sich vor der Taverne. Zark erklärte den Plan und sie machten sich umgehend an die Arbeit.