Hallo Rogues,
wir kommen nun zu
meiner letzten Geschichtsstunde. Dieses Mal will ich mich nicht an
Jahreszahlen entlang hangeln, denn während Anne so lange für ihre
Position kämpfte, ereignete sich ihr Fall ziemlich schnell – um
genau zu sein 3 Jahre.
Es kam wie es kommen
musste. Der ersehnte Thronerbe war leider kein Sohn, sondern ein
Mädchen. Man gab ihr den Namen Elisabeth.
Für Anne muss es
sich wie ein persönliches Versagen angefühlt haben, keinen Sohn
geboren zu haben und auch Heinrich war tief gekränkt. Schließlich
war er ja überzeugt davon gewesen, dass Gott ihm als Beweis, dass er
alles richtig gemacht hatte, nun einen Sohn schenken würde.
Annes Stellung war
dadurch immer noch sehr wackelig. Es gab genug Leute, im eigenen
Reich und ganz Europa, die sie nicht als rechtmäßige Königin
anerkennen wollten.
Es wurde auch
dadurch nicht besser, dass der Papst sich 1534 endlich dazu äußerte
und die Ehe von Heinrich und Katharina immer noch für gültig
befand.
Es wurde vom
Parlament die Suprematsakte verabschiedet, die die Oberhoheit über
die Kirche Englands Heinrich übertrug und im Thronfolgegesetz die
Kinder Annes als rechtmäßige Erben einsetzte. Jeder Untertan musste
einen Eid auf diese Suprematsakte ablegen.
Thomas Morus und
Bischof Fischer verweigerten diesen Eid. Anne sah in den Beiden eine
große Gefahr für sich und versuchte Heinrich dahingehend zu
beeinflussen, dass diese Weigerung nicht straffrei bleiben könne.
Thomas Morus und
Bischof Fischer wurden im Tower inhaftiert und 1535 zum Tode
verurteilt.
Auch Katharina und
ihre Tochter Maria weigerten sich, den Eid abzulegen, doch hier
konnte sich Heinrich nicht zu einer drastischen Strafe durchringen,
auch wenn Anne es immer wieder ansprach.
Annes Angst um ihre
Stellung und ihr Leben schlugen sich auf ihre Stimmung nieder und
führten immer öfter zum Streit mit Heinrich. Auch dass er mit einer
ihrer Hofdamen, Jane Seymour, herum schäkerte, ließ sie nicht
unkommentiert.
Viele Quellen sagen,
dass Anne zu diesem Zeitpunkt wieder schwanger war. Doch sie verlor
dieses Kind. Es wird gerne in den Kontext gesetzt, dass die
Fehlgeburt stattfand, nachdem sie Heinrich und Jane auf frischer Tat
beim Flirten erwischt hatte.
Die Seymours
gewannen am Hofe immer mehr Macht und Anne erkannte genau dasselbe
Spiel, dass ihre Familie bereits gespielt hatte.
Als Verantwortlichen
sah sie Thomas Cromwell. Er war einst ein Diener Kardinal Wolseys und
stieg nach dessen Tod zum höchsten Minister auf. Thomas Cromwell war
aber eigentlich ein Anhänger der Reformation und hatte den Plan
sämtliche Klöster Englands aufzulösen. Diese hatten beträchtliche
Reichtümer angehäuft, die nun in die Staatskasse fließen sollten.
Als Anne erfuhr,
dass Cromwell seine Gemächer im Palast, die über geheime Gänge mit
denen des Königs verbunden waren, für die Seymours geräumt hatte,
suchte sie die Konfrontation mit ihm.
Anne war ebenfalls
für die Schließung der Klöster, aber ihrer Meinung nach sollten
die Reichtümer für Bildung und karitative Zwecke genutzt werden.
Sie drohte Cromwell damit, Heinrich in diese Richtung zu
beeinflussen. Das gelang ihr auch zum Teil und Heinrich wollte
darüber nachdenken. Anne verbuchte dies als Sieg, dennoch merkte
sie, dass sich ihre Situation zuspitzte. Eine erneute Schwangerschaft
änderte auch nichts daran.
Am 07. Januar 1536
starb Katharina von Aragon. Doch nun bemerkte Anne, dass sie nur so
lange sicher war, wie Katharina gelebt hatte. Heinrich hätte niemals
zu Katharina zurückkehren können oder versuchen können, Anne für
eine dritte Frau zu beseitigen, solange die erste noch lebte, ohne
den Spott der ganzen Welt zu spüren zu bekommen.
Wenige Wochen nach
Katharinas Tod erlitt Anne erneut eine Fehlgeburt. Es wäre ein Junge
geworden. (Kurze Anmerkung: Katharina und Anne hatten beide viele
Fehl- oder Totgeburten, was darauf schließen lässt, dass es an
Heinrich gelegen hat. Moderne Forscher gehen davon aus, dass es eine
Blutgruppenunverträglichkeit gegeben haben muss. Die erste
Schwangerschaft verläuft meist ohne Komplikationen, führt aber bei
der Mutter zu Antikörpern, die spätere Schwangerschaften unmöglich
machen.)
Aber wie leicht muss
es nun für Annes Feinde gewesen sein, dem König einzureden, dass
Gott ihm doch etwas damit sagen will, indem er ihm einen männlichen
Thronerben verwehrt?
Am 01.Mai 1536 nahm
Anne zusammen mit Heinrich an Feierlichkeiten teil. Heinrich bekam
einen Brief und verschwand.
Anne konnte nicht
Erfahrung bringen, was passiert war. Einen Tag später wurde sie
verhaftet und in den Tower überführt.
Die Anklage lautete
Hochverrat, Untreue und Inzest.
Sie soll zu Henry
Norris, dem man Gefühle für die Königin nachsagte, gesagt haben,
dass er sie wollen würde, wenn der König Tod wäre. Dies wurde als
Mordkomplott und damit Hochverrat gewertet.
Angeblich soll sie
mit Henry Norris, Francis Weston, William Brereton, Mark Smeaton und
ihrem Bruder George Liebschaften gepflegt haben. Annes angebliche
Aussage, der König wäre nicht Manns genug sprich impotent, und
Hinweise auf eine intime Beziehung zu ihrem Bruder werden gerne
George Boleyns Frau Lady Jane Rochford zugesprochen, auch wenn es
dafür keine wirklichen Beweise gibt.
Anne wird im Tower
vor ein Tribunal gestellt und muss sich selbst verteidigen. Zeugen
darf sie nicht benennen und ein Anwalt wird ihr auch nicht
zugewiesen.
Sie soll sich
eindrucksvoll verteidigt haben, was aber nichts am Urteilsspruch
änderte. Das Tribunal, dem ihr Onkel und ihr eigener Vater
angehörten, sprachen sie schuldig.
Am 17. Mai 1536
wurden die fünf Männer auf dem Tower Hill hingerichtet. Alle Männer
hatten die Anschuldigungen zurückgewiesen, außer Mark Smeaton. Er
war ein einfacher Musiker ohne Stand und seine einzige Hoffnung, den
grausamen Tod von Hängen, Ausweiden und Vierteilen in Enthauptung zu
ändern, war ein Geständnis.
Erzbischof Cranmer
erklärte die Ehe zwischen Heinrich und Anne als unwirksam, da
Heinrich Jahre zuvor ein Verhältnis mit Annes Schwester Mary, also
einer Blutsverwandten, gehabt hatte. Elisabeth wurde zum Bastard
erklärt.
Am 19. Mai 1536
wurde Anne Boleyn durch das Schwert enthauptet. Ihre Überreste
liegen heute in der Gruft von St. Peter ad vincula auf dem Tower
Gelände.
Ich persönlich
halte Anne Boleyn für unschuldig und Opfer eines intriganten
Ränkespiels. Ich bin auch der Meinung, sie hätte noch mehr
Veränderungen antreiben können, wenn sie nicht ständig in ihrer
Angst um ihre Stellung und ihr Leben gefangen gewesen wäre.
Interessant ist die
Frage, wie hätte Heinrich wohl gehandelt, wenn er die Zukunft
gekannt hätte? Er wollte immer einen männlichen Thronerben und für
sich selbst ein großes Erbe hinterlassen.
Die Realität sah
aber dann anders aus, als er es wollte. Er bekam einen Sohn mit Jane
Seymour, die nach Anne Königin wurde. Er wurde mit neun Jahren zum
König gekrönt und verstarb bereits im Alter von 15 Jahren. Sein
größtes Erbe besteht wohl genau in der Tochter, die er nicht
wollte. Elisabeth I. regierte 45 Jahre und die Engländer
bezeichneten diese Zeit als „goldenes Zeitalter“. Aber mit der
Entscheidung Anne Boleyn zu enthaupten, hat Heinrich die Tudor
Dynastie zum Aussterben verurteilt. Denn Elisabeth schwor nach der
Geschichte mit ihrer Mutter nie zu heiraten und ging als „Virgin
Queen“ in die Geschichte ein.
Und was habe ich nun
gebaut?
Alle vorherigen Mocs
sind minifigurenlastig. Aber für mich stand von Anfang an fest, dass
es kein Schafott geben wird.
Stattdessen habe ich
mich für das Bauwerk entschieden, in dem Anne ihre schlimmsten Tage
verbrachte, aber in dem ich gerne so viel Zeit verbringe – der Tower of London.
Mein Träumchen wäre
gewesen, die komplette Anlage auf eine 32er Platte zu bringen, an der
ich grandios gescheitert bin.
Mit dem
maßstabsgetreuen Umrechnen habe ich es nicht so. Ich sehe Details,
die mir wichtig sind und die ich umgesetzt haben möchte. So ist dann
dieses Werk auf 64x64 Noppen entstanden. Mein erstes Werk in dieser
Größe und es hat sicherlich noch seine Schwachstellen. Gerade an
den Treppen kommt mein Maßstab bestimmt ein bisschen ins Schlingern.
Zum Tower selbst
gibt es sicherlich noch so einiges zu sagen, aber das würde hier den
Rahmen sprengen.
Nur eines:
Beeindruckend sind die riesigen Raben auf dem Gelände. Ein Spruch
besagt: Wenn die Raben den Tower verlassen, dann wird die Monarchie
Englands fallen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn er
beobachtet, wie fürstlich die Raben auf dem Gelände gefüttert
werden.
Der verzweifelte Versuch, die Größe einzufangen
Das war es nun von
meiner Seite. Ich bedanke mich, für dieses tolle Thema der
Jahreschallenge und das ich so die Möglichkeit hatte, ein spannendes
aber auch anstrengendes Jahr mit Anne Boleyn zu verbringen. Ein
kleiner Ausgleich, dass ich 2020 ohne Londoner Luft auskommen musste.
LG
Nadine