Kapitel V – Der Händler aus Othorod
I
Nachdem Zarks Plan tatsächlich aufging und der Überfall glückte, überprüfte der Klan die transportierte Ware. Voller Überraschung stellten sie fest, dass weder Eisen noch andere Handwerksgüter geladen waren. Die Kisten beinhalteten etwas wesentlich wertvolleres: Gold – und davon nicht zu wenig. Dieser Glücksgriff würde dem Klan der Steinpranke die Möglichkeit geben, zu genug Ausrüstung und Waffen zu kommen.
Als sie mühsam alles Gold ins Lager nach Fitzwald gebracht hatten, zapften sie das letzte Fass Schnaps an und begossen damit ihren Sieg. Sie stießen auf Zark und seinen genialen Plan an.
Nach all dem Trubel der letzten Zeit tat es Zark gut, wieder einmal die Freuden des Lebens zu genießen. Dabei kam ihm eine Idee. Er ging zu seinen Sachen, wühlte eine Flasche mit goldgelbem Inhalt heraus und ging damit zu Dungur:
„Sieh mal, Dungur!“, rief Zark zu ihm. Dungur drehte sich zu ihm und fing an zu lachen.
„Du hast es auch dieses Mal nicht vergessen! Feinster Met aus Wilderstadt!“
„Wie könnte ich es auch vergessen? Das ist doch mittlerweile unser kleines Frühlings-Ritual!“
So tranken der Zwerg und der Mischling ihren Met aus Wilderstadt und sinnierten bis spät in die Nacht über das Leben, wie sie es die Jahre zuvor schon getan hatten.
II
Nachdem der Klan Waren in Südende gekauft hatte, fingen Dungur und sein Bruder an Waffen und Rüstungen herzustellen. Zark verfolgte währenddessen andere Pläne: Er versuchte die Spur der Schwarzhelme aufzunehmen, die in Grünbuchen seine Mutter entführt hatten. Dazu machte er sich auf den Weg in die umliegenden Dörfer, um herauszufinden, wohin die Schwarzhelme ihre Gefangenen brachten und was sie mit ihnen vorhatten.
Auf seinem Weg begleiteten ihn der Halbelf Herin und der Goblin Trokk. Sie klapperten das Umland ab – ohne größeren Erfolg. Viele hatten Angst, sich mit den Anderlingen zu unterhalten und die die keine hatten, wussten nichts.
Nach mehreren Tagen ohne Erfolg bot sich ihnen ein seltener Anbilck. Auf ihrem Weg begegnete ihnen ein Elefant. Begleitet von sehr auffallend anders gekleideten Personen. Es waren ein Zwerg und ein riesiger bärtiger Mann. So untypisch der Anblick in dieser Region auch war, so friedlich kamen sie ihnen entgegen.
Die drei Mitglieder der Steinpranke kamen aus dem Stauen nicht mehr heraus. Der Zwerg auf dem großen Elefanten lachte, als er in ihre beeindruckten Gesichter blickte und sprach mit einem starken orientalischen Akzent. „Na ihr? Ihr habt wohl noch nie einen Elefanten aus Othorod gesehen. Mein Name ist Rafir. Ich handle mit allerlei Sachen aus dem Orient. Exotische Dörrfrüchte, feinster Dattelwein und bronzene Handwerkskunst die ihres gleichen sucht. Seht euch meine Waren an, Freunde. Doch kommt auf keine dummen Gedanken!“ sagte Rafir und nickte in die Richtung des großen zurückhaltenden Kerles, der sein mannsgroßes Schwert durch die Luft schwang und mit der Spitze in den Boden rammte. „Das ist Adular, meine Leibwache und berühmter Elefantenzüchter aus dem Hochgebirge Othorods.“
„Seit gegrüßt Rafir der Händler und Adular der Elefantenzüchter“, antwortete Zark und stellte sich und seine Leute vor. „Wir sind nicht auf der Suche nach Waren, viel mehr wollen wir Informationen über Ceardric und die Schwarzhelme“, führte Zark fort.
„Informationen? Wir sind viel in den westlichen Reichen umhergekommen und haben so manches gesehen. Mh... Ich bin Geschäftsmann, also schlage ich euch einen Handel vor: Mein Wissen gegen euer Gold. vielleicht kann ich euch sagen, was ihr begehrt.“
„Ich will herausfinden, wo diese Hunde uns Anderlinge hinbringen und was sie mit uns vorhaben!“
Nachdem sie einen eher hohen Preis aushandelten, offenbarte Rafir sein Wissen.
„Einer der Gründe, wieso wir uns auf den Rückweg befinden sind die Schwarzhelme. Sie verweigerten uns die Weiterreise und forderten uns auf, unverzüglich nach Othorod zurückzukehren. Ich bin mir sicher, dass sie mich und Adular entführt hätten, wenn es mehr gewesen wären. Jedenfalls hielten wir hier und da unsere Ohren offen. Alles was ich weiß ist, dass die Anderlinge unbedingt lebend in den Nord-Westen der Reiche gebracht werden müssen. Scheinbar dienen sie dort als Sklaven .“
„Und sie werden auf direkten Weg zu diesem Ort gebracht?“
„Nicht ganz. Es gibt drei größere Lager der Schwarzhelme. Dort werden die Gefangenen der Umgebung gesammelt und bei jedem neuen Mond in den Nord-Westen geschickt. Wenn du willst, zeichne ich sie dir auf der Karte ein!“
So zeichnete Rafir die Orte auf Zarks Karte und ihre Wege trennten sich wieder.
Als die Klan-Mitglieder ihr Lager im Wald für die Nacht aufschlugen, vernahmen sie in der Ferne Kampfgeräusche. Sie zögerten nicht lange und eilten zum Ort des Geschehens. Je näher sie kamen, desto ruhiger wurde es. Als sie ankamen, war es still. Am Boden lagen überall verteilt Schwarzhelm-Leichen. Manche wurden sogar in der Mitte entzweit. Als sie weiter blickten sahen sie den toten Elefanten und ein paar Schritte davon entfernt Rafirs Leichnam, nur Adular konnten sie nicht finden, bis ein Husten, nicht weit entfernt, sie aufschrecken lies. Dort, an einen Baum gelehnt, lag Adular in einer Blutlache. Er blickte gleichgültig in Zarks Richtung und wurde sogleich ohnmächtig. Der Halbriese hatte schwere Verletzungen im Kampf davongetragen. Die Klan-Mitglieder bandagierten und zogen ihn auf einer provisorischen Trage zu ihrem Lager, um von dort aus zurück nach Fitzwald zu reisen.