Château de Chenonceau

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    Endlich habe ich es geschafft alle meine Fotos zu sichten und zu bearbeiten, sodass ich euch nun in aller Ausführlichkeit jenes MOC vorstellen kann, an dem ich in diesem Jahr so lange gearbeitet habe und das einige von euch bereits auf der diesjährigen Bricking Bavaria bestaunen konnten: Ein Architecture-Modell des Château de Chenonceau (Schloss Chenonceau).

    Zuerst möchte ich euch einen groben Überblick über das Modell verschaffen. Es besteht im Grunde aus drei Modulen, in die ich es auch für den Transport zerlegen kann: Vom Ufer aus gelangt man auf die Plattform mit dem Burgfried (Dijon), der über eine Brücke mit dem Hauptgebäude (Logis) verbunden ist, an das sich eine längliche Galerie anschließt.

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    Bevor ich auf die ganzen Details eingehe, möchte ich noch kurz ein paar Worte zum Bauprozess verlieren. Christians Marchitecture-Contest im März hat mich dazu inspiriert, mich auch diesem Themengebiet einmal anzunehmen. Die Wahl fiel deshalb auf Chenonceau, weil ich es vor etwa einem Jahr in Agnès Vardas Dokumentarfilm Ô saisons, ô châteaux (O Zeiten, O Schlösser) wiedergesehen habe und es durch seine Vielseitigkeit besonders spannend umzusetzen war.

    Ich habe das gesamte Schloss hybrid gebaut, sprich als physisches, nicht zwingend farbgetreues Sketch Model, das ich dann in Studio digitalisiert und zusammengefügt habe. Insgesamt habe ich ungefähr 2,5 Monate gebraucht, um jedes noch so kleine Detail des Originals in winzigem Maßstab darzustellen. Das fertige Modell besteht aus etwa 6600 Teilen und ist 80cm lang.

    Eine große Hilfe war beim Aufbau stets die Version von Aaron Newman, die zwar ohne den vorderen Teil samt Dijon Wasser auskommt, aber ziemlich genau doppelt so groß ist. So konnte ich ein besseres Gefühl für die Größenverhältnisse zwischen den verschiedenen Details bekommen.

    Nun gut, widmen wir uns den Einzelheiten samt einiger bautechnischer Kniffe.

    Den Anfang macht das Geländer der Plattform. Dazu habe ich 2L Bars durch 1x1x2/3 Bricks gesteckt und am unteren Ende einzeln mit Clips befestigt, die alle von Panels in den abgeschrägten Wänden verborgen werden.

    Beim Dijon bin ich besonders stolz auf die Fenster, die trotz des Maßstabs über Rahmen verfügen, die aus leicht hervorgeschobenen Ingots auf 2x2 Tiles mit 2 Noppen bestehen. Dazwischen stecken dann transparente Tiles, die in der Turmmitte in Clips stecken. Der kleinere Turm am Eingang besitzt oben ein Fenster zu mehreren Seiten, das durch dieses komische Bar-Konstrukt namens Palm Tree Top ermöglicht wird.

    Ein weiteres Highlight sind die Schneeschuhe, die dem Dach die perfekte konische Form und dank ihrer kleinen eckigen Löcher sogar eine leichte Schindeloptik verleihen. Die schmalen Absätze sind im inneren des hohlen 4x4 Cones versteckt. Wer den Cone gut kennt weiß, dass er durch vier Stege das Verstecken der Absätze an eben diesen 4 Stellen unmöglich macht. Die Ironie: Genau dort, wo also keine Schneeschuhe hineinpassen, liegen – wie beim Original – der kleine Turm und der Schornstein.

    Neben dem Dijon macht das Geländer einen runden Schwung, für den ich einen hellgrauen Mudguard verwendet habe. Begeben wir uns nun Richtung Eingang und untersuchen die Brücke und ihre Stützfeiler. Auch diese verfügen natürlich über Geländer.

    Wie beim Vorbild besitzt die größere der beiden Plattformen eine zugespitzte Verjüngung und runde Wulste, die von Teetassen verkörpert werden. Auf dem Foto seht ihr auch schon die Rückseite, die auf der BB sicherlich nicht so gut zu erkennen war. Die Absätze der Türme des Logis bestehen aus Schüsseln, die praktisch lückenlos in die Wand hineingebaut sind. Der Star ist aber dennoch der Balkon mit seinen Fensterrahmen. Man erkennt die 1x2 Plate mit Bar Handles (3839b), deren Stangen dank einer Neck Bracket im Inneren – und zwar der etwas älteren, die minimal dünner ist – perfekt mit der Wand abschließen. Das Foto bietet dabei auch eine gute Gelegenheit, auf die Dachabschlüsse du verweisen: Um nicht mit dem schrägen Dach zu kollidieren, habe ich stellenweise auf Minifiguren-Düsen statt Door Rail Plates zurückgegriffen, die auch schräg im Gebäudeinneren befestigt sind.

    Auch am Haupteingang konnte ich auf Teetassen und Schüsseln nicht verzichten. Selbstverständlich sind alle Fenster eine halbe Platte weit im Gebäude versenkt und die Fensterbretter stehen genauso weit heraus.

    Widmen wir uns nun der Seite, an der sich zwei Anbauten befinden, zwischen denen eine Art Kanal durch das Hauptgebäude führt, abgeschlossen durch abgestufte Bögen. Der linke Anbau ist zugespitzt und unten durch 2x2 Eckpaneele abgestuft.

    Die Kathedrale war eine besondere Herausforderung, da sie über viele kleine Fenster mit Bögen verfügt. Letztlich war es mir möglich, mit transparenten Zähnen Form und Zahl der Fenster genau nachzubilden. Auf die subtile Textur direkt unter der Kathedrale wollte ich ebenfalls nicht verzichten.

    Auf der anderen Seite ist eines der Fenster nur etwa halb so groß, darunter befindet sich eine Tür, die es auch in mein Modell geschafft hat. In den kleinen Türmen neben der Kathedrale habe ich Räder und Stud Shooter verbaut.

    Das Dach verfügt über eine Marienfigur und einen Glockenturm, dessen Glocke ich durch ein Mikrofon dargestellt habe.

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    Wenn wir schon hier oben sind, zeige ich euch auch das Dach. Hier laufen so viele kleinere Dächer in den verschiedensten Winkeln zusammen, da waren ein paar Tage Kopfzerbrechen eigentlich noch wenig – aber dann mussten da auch noch Unmengen an Fenstern und Schornsteinen rein…

    Während wir uns langsam um das Logis herumdrehen, können wir nochmal auf die kleinen Türme blicken.

    Auch das Dach des linken Anbaus (rechts unten im Bild) verfügt über kleine Turmspitzen und Fenster.

    Wenn man die bewegte Geschichte des Châteaus nicht kennt, wird man sich fragen: Haben sie mit der Galerie wirklich das schöne große Dachfenster des Logis zugebaut? Ja und ich habe es ihnen gleichgetan. Immerhin bietet die entstandene Ecke zwischen den Gebäudeteilen einen weiteren Balkon.

    Darunter befinden sich wieder Fenster und ein kleiner Turm.

    In der gegenüberliegenden Seite hat es sich ebenfalls ein Balkon gemütlich gemacht. Es wäre aber nicht das Schloss Chenonceau, wenn diese Stelle dem Pendant auf der anderen Seite ähneln würde.

    Die Galerie ist hingegen ein wenig repetitiv, spart aber nicht an runden Balkonen, die leicht über die darunterliegenden Erker hinausragen.

    Die runden Erker besitzen oben abgerundete Fenster und die Balkone Geländer. Zwischen den Fenstern liegen halbe Noppenabstände, gelöst durch Cheese Slopes, die in die Schrägung von Ingots greifen. Die spitzen Absätze unter den Erkern sind übrigens der allererste Teil, den ich designt habe.

    Der Abschluss der Galerie sieht auch beim Original so abgeschnitten aus und besitzt eine Zugbrücke, die auf die andere Uferseite des Cher führt.

  • Da weiß man ja gar nicht wo man anfangen soll...:overpleased: All diese ganzen kleinen Details sind wirklich genial, gerade die Verwendung der Teetassen und Schüsseln finde ich sehr passend :thumbup:! Und wie du die Kathedrale trotz des kleinen Maßstabs und der Rundung so gut umsetzen konntest, einfach nur toll. Vielleicht eines der besten Microscale-Modelle das ich seit langem gesehen habe :lucky:!

  • Hallo Gerrit,

    dein Château hat mich während der Bricking Bavaria immer wieder magisch angezogen. Es gab in Fürth viele schöne Modelle, aber dieses hier war mein absoluter Favorit, an dem ich mich einfach nicht sattsehen konnte.

    Ich freue mich auf weitere schöne MOCs von dir.

    LG, Marion

  • Also, ich konnte es ja schon auf der BrickingBavaria sehen und muss wirklich sagen, es ist einfach ein Meisterwerk! :overpleased: Ich hatte mich drauf gefreut, seit du gesagt hast, dass du ein Architecture-Modell zeigen willst und es hat nicht im geringsten enttäuscht. Die Liebe zum Detail gepaart mit den wahnwitzigen Bautechniken sorgt wirklich dafür, dass auch der letzte Zentimeter noch versucht wird, mit irgendeinem Versatz oder irgendeinem komischen Teil nachzubilden. Dabei verkommen Teileverwendung und Bautechnik aber nie zum Selbstzweck sondern dienen immer dem Vorblid und gereichen ihm dadurch zu Ehre. Und auch dieser detaillierte Vorstellungsartikel tut seinen Teil dazu, diese Liebe zum Detail und die Arbeit, die dahinersteckt, hervorzuheben und dieses wunderbare Kleinod gleichzeitig adäquat zu dokumentieren. Ich glaube, die Sagrada Familia kann kommen. ;)

    Einzige Anmerkung: ich glaube die berühmte Senfstadt Dijon befindet sich ein ganzes Stück östlich des Donjon von Chenonceaux. 8o

  • Da kann ich mich nur Christian anschließen: Ein echtes Meisterwerk hast Du da geschaffen, Gerrit!
    Ich habe es auch auf der BB live bewundern können. Dazu kommt, dass ich das Schloss liebe, es aber noch nie "in echt" besuchen konnte. Und das, obwohl ich schon mehrfach an der Loire war. Immer kam etwas dazwischen, entweder schon geschlossen oder zu wenig Zeit aufgrund anderer Aktivitäten.

    Jetzt kann ja der Nachbau von Chambord folgen. Das hatte ich mir auch schon mal vorgenommen. Aber 365 Türme schrecken dann doch ein wenig ab ^^

  • Danke euch allen, euer Lob bedeutet mir wirklich sehr viel <3

    Rauy Ohne deine Hingabe zu Architecture samt passendem Bauwettbewerb hätte ich vielleicht nie mit dem MOC begonnen. Es war wohl der Schubs zur richtigen Zeit. Letzten Endes hätte ich dieses Projekt ohne die Präsentationsmöglichkeiten auf der BB und hier im Forum wahrscheinlich nie mit der nötigen Detailversessenheit zu Ende geführt. Nur für ein, zwei Bilder wäre mir die Zeit (und das Geld für die fehlenden Teile) dann doch zu schade gewesen.

    Bezüglich des Donjons hast du natürlich recht, keine Ahnung wie ich da auf Dijon gekommen bin :D.

    Felix-the-Builder Ich habe das Original leider auch noch nie in echt gesehen. Ehrlichgesagt hätte ich jetzt aber auch Angst, Details zu entdecken, die mir auf Fotos entgangen sind :D

    Was ein mögliches nächstes Projekt angeht, kann ich leider noch nichts sagen. Meine Interessen innerhalb des Hobbys gehen in so viele Richtungen, dass ich gar nicht sicher sein kann, jemals ein weiteres Architecture-Modell zu bauen. Große Lust hätte ich definitiv, an der Zeit könnte es mangeln.

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