[Review] 21057 Singapore

  • Ich bekam die Gelegenheit ein neues Set der LEGO Architecture Reihe unter die Lupe zu nehmen, das ich euch hier gern vorstellen möchte, und zwar die 21057 Singapore. Es erscheint am 1. Januar 2022 und ist Teil der Skyline-Unterserie, die auf etwa 32 Noppen Breite versucht, das Panorama einer ganzen Stadt mit ihren charakteristischen Bauten auf kleinem Maßstab einzufangen. Wie der Name schon verrät, handelt es sich dabei in diesem Fall um die Stadt Singapur im gleichnamigen Stadtstaat.

    Zunächst sei gesagt, dass ich froh bin, dass die Skyline-Serie pünktlich im Januar fortgesetzt wird, nachdem es 2021 gar keine gab (und überhaupt nur ein einziges Architecture-Set). Ich weiß, dass einige der alteingesessenen Architecture-Fans der Skylines etwas überdrüssig werden, aber mir machen sie nach wie vor Spaß und ich hätte es schade gefunden, wären sie ganz eingestellt worden. Doch nun zur Review, welche wie folgt gegliedert ist

    1. Einführung
    2. Verpackung und Inhalt
    3. Aufbau
    4. Gesamteindruck und Vergleich mit 21021
    5. Fazit und Danksagung

    Übersicht

    Mit einer Breite von 36 Noppen, und damit knapp unter 30 cm, gehört das Set auf jeden Fall zu den größeren unter den Skylines. Aber sie ist nicht nur 17 cm hoch sondern auch räumlich recht voluminös und setzt mit 411g neue Gewichtsmaßstäbe. Mit einem neuen Maximum von 827 Teilen liegt das Set auch weit über dem Durchschnitt und setzt einen gewissen Aufwärtstrend in der Teilezahl fort. Es kommt aber wie die 2020er Sets auch wieder mit dem (bisherigen) Maximalpreis von 60€ daher. An diesen Preis wird man sich für Skylines wohl gewöhnen müssen und ich bin angesichts der gestiegenen Teilezahl und der momentanen Preisanpassungen fast schon erleichtert, dass es nicht teurer geworden ist. Was abzuwarten bleibt, ist ob es wie das Taj Mahal LEGOs aktueller Strategie folgt, mehr und mehr Sets teilweise exklusiv anzubieten, oder ob es sofort auf dem freien Markt landet, wo die Skylines eigentlich oft und gut rabattiert werden.

    Wie fast alle Architecture-Sets der letzten Jahre, darunter alle Skylines, wurde auch dieses von Rok Zgalin Kobe entworfen, der dazu folgendes zu sagen hat:

    "Singapore: a vibrant fusion of cultures, peoples and architecture"

    Ich hatte selbst schon überlegt, dass wohl nach Shanghai und Tokyo noch etwas modernes aus dem asiatischen Raum kommen könnte. Ich hatte zwar eher Hong Kong auf dem Schirm, aber das Thema könnte momentan vielleicht auch etwas zu heiß sein. Da passt die Eröffnung des größten südostasiatischen LEGO-Stores auf der Singapurischen Insel Sentosa im Sommer diesen Jahres sicher besser.

    Ich bin zugegebenermaßen ziemlich unbewandert, was den geografisch kleinen aber wirtschaftlich großen Tigerstaat in Südostasien angeht und kann wenig persönliche Erfahrungen zur Akkuratesse des Modells einbringen, aber dafür gibt es ja das Internet (und natürlich die Anleitung). Also zunächst mal eine Auflistung der explizit referenzierten Orte:

    • Boat Quay: historischer Kai am Singapore River, mit vielen alten 2/3-etagigen Reihenhäusern, die in den 1990ern renoviert wurden und nun durch Läden und Restaurants genutzt werden
    • Lau Pa Sat, auch bekannt als Telok Ayer Market: historischer Nassmarkt, der in seiner heutigen Form in den 1890ern als gusseiserner achteckiger Viktorianischer Bau vollendet wurde, heute Foodcourt.
    • Fullerton Hotel: in den 1920ern erbautes Verwaltungsgebäude im neoklassizistischen Stil, das seit den 2000ern als Hotel dient.
    • OCBC Centre: 1976 erbauter Wolkenkratzer im Stil des Brutalismus, Sitz der OCBC-Bank und zur damaligen Zeit höchstes Gebäude in Südostasien.
    • One Raffles Place: 1986 erbauter Wolkenkratzer entworfen von Kenzo Tange und über Jahre hinweg höchstes Gebäude außerhalb Nordamerikas.
    • Marina Bay Sands: 2010 eröffnetes Hotel entworfen von Moshe Safdie, bestehend aus drei hohen Türmen verbunden durch einen riesigen Dachgarten mit Infinity Pool.
    • Gardens by the Bay: auf künstlichem Land errichtete Gartenanlage, unter anderem mit Supertrees, pflanzenbewachsenen Stahlgerüsten in Form riesiger Bäume.

    Nach der Lektüre zu Singapur bin ich allerdings etwas verwundert, dass der Merlion, eine Art Fisch-Löwen-Hybrid und in Form einer wasserspeienden Statue eines der (wenn nicht gar das) Wahrzeichen der Stadt, nicht auch im Set verewigt wurde. Aber vielleicht wäre er auch einfach zu klein geraten und am Ende ist es sicher auch Ansichtssache, was man mit rein nimmt und was nicht. Generell scheint das Modell aber eine gute Auswahl aus alten und neuen Highlights zu bieten. Evtl. gibt es ja ein kleines Modell des Merlion als limitiertes GWP dazu, ähnlich des Sakura-Baums zur Tokyo-Skyline.

    Das Marina Bay Sands Hotel ist, abgesehen von seiner Relevanz und Präsenz in der Stadt, insofern keine Überraschung, als dass LEGO ebendieses bereits 2014 als Einzelset herausgebracht hat, die 21021. Und nicht nur das, das Set hat sich aufgrund einer ziemlichen Limitierung und regionalen Verfügbarkeit über die Jahre zum wohl teuersten Set der gesamten Architecture-Reihe entwickelt (abgesehen vielleicht von der Las Vegas “Fehlprägung” mit dem Mandalay Bay), mit bis zu 750€ oder mehr für OVP-Exemplare (nein, in meiner Sammlung fehlt es auch :(). Ich bin zwar im Investment-Thema eigentlich nicht so drin, aber es würde mich trotzdem interessieren, wie sich die neue Skyline auf die Preisentwicklung des alten Sets auswirkt, vor allem da beim Blick auf das Bild auch sofort die frappierende Ähnlichkeit der Sets auffällt, aber dazu später mehr.

  • Verpackung und Anleitung

    Das Set kommt in der klassischen schwarzen Verpackung daher und wie auch die letzten beiden Sets der Reihe ist es mit dem neuen 18+-Label gebrandet und trägt am unteren Rand ein gegreebletes Band mit dem Architecture-Logo, hier allerdings in blau statt weiß. Ob diese Farbe jetzt der neue Standard wird, oder nur für das Jahr 2022, oder gar der Farbgebung des Sets selbst Rechnung trägt (die beiden letzten Sets waren auch überwiegend weiß gebaut), bleibt abzuwarten. Ich finde diesen seitlichen Winkel auf dem Vorderseitenbild allerdings irgendwie etwas komisch und vielleicht nicht ganz vorteilhaft. Wie gewohnt zeigt die Rückseite der Verpackung das Modell in Frontalansicht mit entsprechenden Bildern der Originalobjekte und auf der Oberseite findet sich neben obigem Zitat des Designers und einer Skizze des Modells auch ein realgroßes Abbild eines der wohl interessantesten Einzelteile des Sets, aber dazu später mehr.

    Die Höhe und Breite der Verpackung passt zur restlichen Skyline-Serie, sie ist aber überraschend dick. Was mir allerdings sofort aufgefallen ist, auch weil ich es schon fast befürchtet hatte, ist die Tatsache, dass es nicht die bei Architecture übliche Box mit nach oben aufklappbarem Deckel ist, sondern zum ersten (und sicher nicht letzten) mal ein schnöder LEGO-Karton mit eindrückbarer Seitenklappe. Ich bin zwar eigentlich kein Kartonsammler, aber ich empfand das öffnen einer Architecture-Box immer als ein schönes Erlebnis und ich habe einfach das Gefühl, dass der Reihe damit ein klein wenig ihrer Individualität und Tradition genommen wird, auch wenn es im Rahmen der 18+-Offensive fast absehbar war, dass dies früher oder später vereinheitlicht wird. Aber genug über die Box gefaselt, Zeit den Deckel (okay, die Seite :() zu öffnen und reinzuschauen.

    Darin befindet sich die Anleitung und 5 Teilebeutel, die gefühlt sehr spärlich befüllt sind und sicher eine Nummer kleiner hätten sein können (oder eben weniger, aber man möchte ja alles nach Bauabschnitten sortieren).

    Wie für die Reihe üblich stellt die Anleitung auf den ersten Seiten, nach einem Bild und Vorwort vom Design-Team, die einzelnen modellierten Gebäude vor. Und dann folgt auch gleich die nächste Überraschung, denn die eigentliche Bauanleitung ist nicht mehr schwarz!

    Auch diese Befürchtung hat sich bewahrheitet und mit einem weiteren Markenzeichen der Reihe wird gebrochen. Nun weiß ich, dass LEGO in der Vergangenheit einige Kritik für ihre schwarzen Anleitungen im Rahmen der 18+-Offensive einstecken musste, was die Lesbarkeit und vielleicht auch die Öko-Bilanz angeht und sogar gelobt hat, dies zu ändern. Aber es ist eben auch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Architecture-Serie, das nach über 10 Jahren über den Haufen geworfen wird. Nach dem ersten Schock muss ich allerdings sagen, dass das verwendete grau kein schlechter Kompromiss ist und wenigstens haben sie die einleitenden Seiten in schwarz belassen. Die Anleitung wartet auch nach wie vor während des Baus mit kleinen Faktoiden zu den Gebäuden und Bautechniken auf.

    Neue und seltene Teile

    So, jetzt aber endlich ans eingemachte und das, was wohl die meisten am brennendsten interessiert: gibt es neue Teile? Ja, und für mein Gefühl für eine Skyline nicht zu knapp (sicher auch, weil es ein 2022er Set ist). Zum einen gibt es einige Teile, die in der jeweiligen Farbe noch recht selten sind und (Stand November 2021) bisher nur in einem einzigen, meist relativ exklusiven, 2021er Set vorkommen.

    Die Cutout-Platte in Medium Nougat (73831) kommt nur bei einem Super Mario Charakter vor, die Bright Light Blue Rundplatte (35480) ist, ihr habt es erraten, aus dem blauen Fiat und der grüne Doppeljumper (34103) sogar aus einem 2020er Employee Exclusive. Die große Medium Azure SNOT-Platte (87609) kommt auch bei Olivia’s E-Auto vor und die beiden Tan Brackets (36840, 73825) in der IDEAS-Gitarre und dem VW-Bus-Remake. Aber es gibt auch einige für 2022 neue Teile, eines davon sogar meines Wissens nach eine komplett neue Form.

    Zum einen gibt es noch mehr Tan-Brackets (36841, 79389), zusätzliche Plate Modifieds mit Clip (78256, 63868) und ein kleines dunkeloranges Satteldach (35464). Des weiteren wurden Radkappen in groß und klein (18978, 37195) in der eher unradkappigen Farbe magenta gegossen. Von den kleinen Radkappen sind jeweils 4 Stück von zwei Varianten in der Tüte, gebraucht werden aber nur die 4 einer Variante. Der 1x4-Halbzylinder dürfte als Erweiterung des 1x1-Halbzylinders eine komplett neue Form sein.

    Ich freue mich tatsächlich über die meisten dieser Teile. Brackets und Plate Modifieds in Tan kann man sowieso immer gebrauchen und auch das 1x1-Satteldach in Dark Orange und der grüne Doppeljumper sind beide durchaus nützlich (bei letzterem bin ich sowieso überrascht, dass er nicht schon lange standard ist). Die pinken Radkappen sind vielleicht etwas Special Interest, aber finde ich zumindest eine nette Teileverwendung. Den neuen Curved Slope könnte man sicher auch aus 1x1ern bauen, ist aber trotzdem ein interessantes Teil.

    Zudem gibt es auch einige bedruckte Teile, wie bei Architecture üblich allerdings keine Sticker. Zum einen natürlich die obligatorische 1x8-Titelfliese. Auch die 1x1-Platte und den 1x2-Stein mit Fensteraufdruck kennen wir bereits aus früheren Skylines. Das vierte Teil allerdings ist ein komplett neuer Druck und wie ich finde ein ganz interessanter. Es handelt sich um eine 2x3-Fliese in Tan mit einem grauen Muster aus kleinen Quadraten (hier Fenster). Ich bin zwar nicht der größte Freund allzu spezieller Drucke, aber durch die Regelmäßigkeit des Drucks und die recht klassische neutrale Farbe sehe ich für dieses Teil vielseitige Einsatzzwecke, von Fußmatten, über Wandtexturen und allem was irgendwie aus Holz oder Rattan geflochten ist, bis hin zu, wie hier eben, Fassadendetails im Microscale. Ich denke, dass sich der Druck durchaus einiger Beliebtheit erfreuen könnte.

  • Aufbau

    Nachdem die Teile sortiert sind, können wir auch endlich das Modell bauen. Klassisch beginnt es mit dem Sockel, welcher keine allzu großen Überraschungen bietet und in etwa 20 Minuten fertig gebaut ist. Ein paar Wedge Plates für eine etwas schrägere Rückseite und vorn dran die fast das gesamte Modell einnehmende Uferfront, die sowohl die Marina Bay als auch den darin einmündenden Singapore River darstellt.

    Bei näherem Blick fallen einige Plate Modifieds mit Bar auf, die hinten rechts im Untergrund verbaut wurden. Diese deuten bereits auf die Wolkenkratzer hin, die darin eingeclippt werden, eine bei Skylines recht beliebte Technik. Interessant finde ich dabei aber die 45° angewinkelten Bars, die genau durch die Lücke zwischen zwei Rundplatten geschoben werden.

    In Bauabschnitt 2 werden nun die ersten Gebäude gesetzt, zunächst die älteren kleinen im Vordergrund. Rechts haben wir den Boat Quay, dessen kleine 2/3-etagigen Reihenhäuser relativ einfach aus 1x1-Platten mit Slope-Dächern gefertigt werden. Das kleine Hochhaus, welches dahinter steht, ist nicht explizit benannt und scheint wohl hauptsächlich als Füller zu dienen, um die Gesamtform abzurunden. Die charakteristisch achteckige Form des Telok Ayer Marktes wird von den Wedge Plates recht gut eingefangen. Das Fullerton Hotel links ist von dieser Gebäudegruppe wohl noch das komplexeste. Man muss zwar erstmal etwas schauen, um darin das Original wiederzuerkennen, aber die Farbgebung und der über Wedge Plates realisierte fünfeckige Grundriss helfen auf jeden Fall auf die Sprünge.

    (Fotos unten: Wikipedia, v.l.: Bob T, CC BY-SA 4.0; Xtrememachineuk, CC BY 3.0; chensiyuan, CC BY-SA 4.0)

    Aufgrund ihrer relativ kleinen Größe sind diese älteren Gebäude zwar generell nicht allzu kompliziert gebaut und in etwa 10 Minuten fertig, aber gerade in Verbindung mit der Begrünung und in ihrer einheitlichen Farbgebung geben sie ein sehr stimmiges Bild ab. Mit ihren kleinen Dächlein, Fensterchen und Bäumchen sorgen sie bei mir einfach für das wohlige Nanoscale-Gefühl, eine ganze Welt auf wenigen Noppen entfalten zu sehen.

    In der zweiten Hälfte von Bauabschnitt 2 bauen wir dann das OCBC Centre. Hier kommen die vielen verschiedenen Tan-Brackets zum Einsatz, aber es sind vor allem die 1x4-Halbzylinder und die bedruckten 2x3-Fliesen, die das Gebäude sehr gut treffen. Man könnte hier zwar auch mit den 1x1-Halbzylindern auskommen, aber durch die 4er-Länge ergibt sich eine schöne glatte Struktur an der Seite. Man kann sich sicher darüber streiten, ob hier zu viel Details über Drucke gelöst werden, aber ich finde der Druck ist hinreichend generisch und die geometrische Struktur des Gebäudes ist jetzt auch nicht allzu viel komplexer. Insofern finde ich das hier gut gelöst.

    (Fotos mitte: Wikipedia, Terence Ong, CC BY 2.5)

    In Bauabschnitt 3 wird dann auch gleich der zweite Bank-Wolkenkratzer am Raffles Place gebaut. Dieser wird hauptsächlich recht einfach aus Platten in weiß und Trans-Black aufgeschichtet. Über Cheese Slopes wird dabei allerdings eine Schräge geschaffen, die im geSNOTeten Aufbau dann eigentlich ganz gut die geometrische Struktur der beiden versetzten Dreiecksprismen einfängt. Eine einfache aber effektive Bauweise, auf die man erstmal kommen muss. Auf der Rückseite werden inverse Fliesen verwendet, damit auch diese vernünftig aussieht. Die reflektierende Aluminiumhülle hätte man evtl. auch in hellgrau machen können, aber weiß finde ich auch eine gute Wahl.

    Beide Wolkenkratzer sind nach etwa 20 Minuten gebaut und werden, wie oben erwähnt, in die Bars im Boden geclippt. Interessant finde ich dabei, dass beim OCBC Centre zwei verschiedene Clips zum Einsatz kommen, weil beide Bars um 90° versetzt zueinander verbaut sind. Ich denke aber, dass das eher der Bodenkonstruktion geschuldet ist und weniger der Stabilität dienen soll, da One Raffles Place auch nur Clips in einer Richtung hat und jetzt nicht so viel instabiler steht. Im Gegenteil steht das OCBC Centre aufgrund seiner geringen Dicke sogar relativ wackelig.

    In Bauabschnitt 4 beginnen wir schließlich mit dem Bau des größten und markantesten Teils, dem Marina Bay Sands Hotel. Interessant ist dabei zunächst vor allem die Baurichtungsumkehr zwischen Vorder- und Rückseite. Dazu werden nämlich diese benoppten Blaster (44709) in die Mittellöcher der Platte gesetzt und auf der anderen Seite dann ebenso. Ich war erst verwundert, wofür diese mir ungewohnten Teile wohl dienen, aber scheinbar haben sie genau eine Breite von 1,5 Platten. Tatsächlich wäre dieser Aufwand aber eigentlich gar nicht unbedingt nötig gewesen, da die Brick Modifieds an der Seite bereits die Rückenplatten halten sollten. Aber wahrscheinlich soll es einfach für etwas mehr Stabilität sorgen, da die 2-breite Platte vorn sonst nur von den transparenten Fliesen gehalten würde. Im 2014er Set wurde die Baurichtungsumkehr noch über die alten Plate Modifieds mit seitlichen Noppen (4081b) gelöst, aber da waren die Seiten auch nicht aufrecht mit Brick Modifieds gebaut, sondern mit geSNOTet. Man beachte auf dem Rückseitenfoto auch die eingeklemmte Rampe an der Seite, finde ich auch ganz nett gelöst.

    (Foto mitte: Wikipedia, Someformofhuman, CC BY-SA 3.0, zugeschnitten)

    Im 5. Bauabschnitt vervollständigen wir das Gebäude dann mit dem Dachgarten und nach insgesamt 35 Minuten steht es. Die Dachterrasse mit dem Infinity Pool wird dabei, wie wir es schon aus dem 2014er-Set kennen, entsprechend aus Fliesen und Curved Slopes angeSNOTet und bebaut. Sie füllt dabei auch gut die durch die Krümmung entstehenden Zwischenräume, auch wenn durch die Hinge-Gelenke ein paar Löcher erzwungen werden. Generell biegt sich das Gebäude über Hinges schön um den Vordergrund. Was mir dabei allerdings nicht ganz so gut gefällt, ist die leicht ungleichmäßige Krümmung, da der linke Teil deutlich weniger abknickt als der rechte. Beim 2014er Set (und dem Originalobjekt) ist die Krümmung da gleichmäßiger. Das mag zwar in der Gesamtwirkung dann vielleicht nicht mehr so sehr auffallen, aber wenn man es weiß, schaut man irgendwie doch immer auf den Knick in der Dachterasse. Ihr merkt sicher auch, dass ich oft das Set von 2014 erwähne, dazu später mehr.

    (Foto rechts: Flickr, Shiny Things, CC BY 2.0)

    Zum Ende des 5. und letzten Bauabschnitts bauen wir in den letzten paar Minuten schließlich noch die Gardens by the Bay mit ihren riesigen künstlichen Bäumen. Diese werden markant mit den magenta Radkappen gebaut und treffen dadurch die fremdartige Wirkung dieser Supertrees ganz gut. Und wie bei Skyline-Sets üblich gibt es am Ende eine Menge bunter Ersatzteile.

  • Gesamteindruck

    Wenn schließlich die gesamte Skyline nach etwa 1,5 Stunden (reine Bauzeit, abzüglich auspacken, Anleitung lesen und in “Singapur-Stimmung” kommen) vor uns steht, muss ich sagen, dass sie mir recht gut gefällt (wie aber auch die meisten Skylines). Sie hat durch das im Grunde rechteckige Marina Bay Sands, das über die Hälfte der Skyline einnimmt, auch eine sehr voluminöse Präsenz im Vergleich zu eher locker angeordneten Wolkenkratzern in vorherigen Modellen und der prall gefüllte Vordergrund tut sein übriges dazu. Auch die Farbkomposition mit den eher kräftigeren Grün- und Blautönen finde ich passend.

    Ich denke zwar, auch eine eher regelmäßige Aneinanderreihung von Gebäuden (wie zuletzt bei Dubai) kann gut funktionieren, aber gerade bei so einer multikulturellen Stadt wie Singapur ist eine etwas verquicktere Anordnung wie hier passender. Die Staffelung mit den kleineren historischen Gebäuden im Vordergrund und den Wolkenkratzern im Hintergrund gefällt mir sehr und wird den Fotos, die ich so zur Stadt gesehen habe auch gerecht. Und im Vordergrund kommt mit der ganzen Bepflanzung, dem Wasser und der Farbkomposition für mich als Singapur-Laie tatsächlich auch ein gewisses “Südostasien-Flair” rüber. Laut Anleitung ging es Rok Zgalin Kobe vor allem darum, “die einzigartige Atmosphäre der pulsierenden Stadt einzufangen” und ich finde, das ist ihm durchaus geglückt.

    Nachdem wir uns schon die einzelnen Gebäude mit ihren Originalen angeschaut haben, wollen wir uns aber auch noch die Größenverhältnisse der Gebäude untereinander ansehen. Ich denke zwar, man muss das bei den etwas abstrakteren Skylines nicht zu ernst nehmen, finde es aber immer ganz interessant, wie konsistent das Modell in sich ist. Und wenn man die Gebäude so nebeneinander stehen sieht, ist es schon ganz nett, wenn man daraus auch etwas auf die tatsächlichen Größenverhältnisse schließen kann.

    Objekthöhe in m
    Modellhöhe in mm
    Maßstabsfaktor
    MBS Dachgarten (Höhe) 191 109 1752
    One Raffles Place (Höhe) 280 160 1750
    OCBC Centre (Höhe) 198 114 1737
    Fullerton Hotel (Höhe) 37 20 1850
    MBS Dachgarten (Länge) 340 178 1910
    Lau Pa Sat (Breite/Tiefe) 72 32 2250
    Fullerton Hotel (Tiefe) 65 24 2708
    Fullerton Hotel (Breite) 135 48 2813
    Supertree (Höhe) 50 38 1316

    Wenn wir allein die Höhen betrachten, fällt zunächst auf, dass die 3 großen Wolkenkratzer sehr gut zueinander proportioniert sind und selbst das Fullerton Hotel passt in seiner Höhe noch ganz gut dazu. Die Supertrees sind allerdings recht groß geraten (es gibt unterschiedliche Größen und ich habe mich hier jeweils auf die höchsten Exemplare beschränkt). Beim Marina Bay Sands passt auch die Breite noch einigermaßen, obwohl der Dachgarten vielleicht links noch etwas mehr überstehen könnte. Schauen wir uns allerdings auch die Breiten der kleineren Gebäude an, dann fällt auf, dass diese noch ein ganzes Stück größer sein könnten. Vor allem das Fullerton Hotel müsste bei gleicher Höhe wohl fast 1,5 mal so breit und tief sein. Das ist für mich wie gesagt kein großes Problem, bei Skyline-Modellen muss man meist irgendwann Abstriche in den Proportionen machen um alles unterzubringen. Vor allem bei kleineren Gebäuden stößt das System einfach irgendwann an seine Grenzen, aber gerade die großen Wolkenkratzer passen sehr gut zueinander.

    Des weiteren wollen wir mal schauen, wo sich die Gebäude in der Stadt überhaupt befinden. Natürlich war es nie Anspruch der Skyline-Sets, die tatsächliche Skyline einer Stadt reihenfolgengetreu abzubilden. Es fällt aber auf, dass die Gebäude in der Tat recht nahe beieinander liegen und sich alle in der Nähe der Einmündung des Singapore River in die Marina Bay befinden, eines der Kerngebiete der Stadt. Selbst die ungefähre Reihenfolge ist nicht schlecht getroffen, wenn wir die Stadt von Nordosten aus betrachten.

    (Bildquelle: Google Maps)

    Der Telok Ayer Market liegt zwar etwas weiter ab vom Ufer und das Marina Bay Sands ist mit den, eigentlich dahinter liegenden, Supertrees auch etwas weiter weg, aber es ist alles gut einsehbar und mit Hilfe des Modells schnell gefunden. Man sieht vor allem auch schön, wie die kleineren alten Gebäude tatsächlich direkt von großen modernen Wolkenkratzern umgeben sind.

    Am Ufer links des Fullerton Hotels steht übrigens auch der Merlion, er hätte also wunderbar in das Ensemble gepasst, aber irgendwann ist in einer Skyline wohl auch der Platz alle. Ich habe spaßeshalber mal versucht, ihn mit einzubauen (und die Supertree Grove dafür etwas ausgedünnt), aber man sieht auch, dass er mit ~1:500 jeglicher Maßstabskonsistenz spottet, vielleicht auch das ein Grund für sein Fehlen. :/

    (Foto rechts: Wikipedia, Unwicked, CC BY-SA 4.0)

    Vergleich mit 21021

    Wir kommen aber nicht umhin, das Set noch mit dem vorherigen Modell des Marina Bay Sands zu vergleichen, der Architecture-Legende 21021. Und das bringt mich zu meinem größten Kritikpunkt, der mir auch sofort auffiel als ich das Set sah. Das Marina Bay Sands sieht, bis auf einige Teil- und Farbanpassungen, dem alten 2014er Set ziemlich ähnlich und ist auch an vielen Stellen recht ähnlich gebaut. Ich habe hier mal zum Vergleich einen Rebrick des Einzelsets dazugestellt (nicht 100% exakt, die Fensterfront müssten 1x4er-Fliesen sein und der Boden in dunkelgrau):

    Bei näherem Blick stellen wir jedoch auch einige Unterschiede fest. Das alte Modell ist ein klein wenig größer, auch wenn der Maßstab ungefähr der gleiche sein dürfte. So sind auch die Türme etwas ausgeformter und durch die SNOT-Bauweise der Seiten können die gläsernen Lücken darin angedeutet werden. Auch gefällt mir die gleichmäßigere Krümmung wie gesagt etwas besser. Beim neueren Modell hingegen finde ich die Farbgebung markanter und treffender, sowohl die dunkleren Fensterfronten als auch das etwas abwechslungsreichere Dach. Generell wirkt das neue Modell etwas kompakter und stromliniger und damit eben auch Skyline-gerechter.

    Allerdings sind mir die beiden Modelle nach wie vor etwas zu ähnlich in ihrer gesamten Bauweise. Dass das Gebäude überhaupt in der Skyline drin ist, ist dabei nicht das Problem. Ganz im Gegenteil gehört es sogar hinein, da ich es auch generell mag, die Skylines wenn möglich zusammen mit ihren jeweiligen Einzelsets zu präsentieren und die verschiedenen Maßstäbe und Bautechniken der Gebäude zu vergleichen. Deshalb ist es schade, wenn sie sich derart ähneln. Natürlich ist es bedingt durch den ähnlichen Maßstab für den Designer nicht leicht, etwas vollkommen anderes zu schaffen, vor allem da das ältere Set ebenfalls von ihm stammt (und das Gebäude so ja auch gut getroffen ist) und vielleicht erwarte ich da auch zu viel. Allerdings hat LEGO, genauer Rok Zgalin Kobe selbst, mit der 2020 erschienenen Dubai-Skyline gezeigt, dass es auch anders gehen kann. Diese enthält nämlich auch ein Burj Khalifa in einem Maßstab ähnlich des 2016er Sets, ist aber komplett anders gebaut und beide Bauweisen funktionieren wunderbar auf ihre eigene Art. So etwas hätte ich mir hier auch gewünscht.

    Dem Modell selbst tut dies unabhängig davon keinen Abbruch, denn wie gesagt finde ich das Design gelungen. Aber im Kontext der größeren Architecture-Reihe hinterlässt es einen gewissen Beigeschmack der Wiederverwertung, der bereits zuletzt beim Weißen Haus und in gewissem Maße vielleicht auch beim Taj Mahal aufgekommen sein mag. Das positive dabei ist jedoch, dass ich so weit weniger genötigt werde, mir jetzt doch noch das Marina Bay Sands zulegen zu müssen. ^^ Und vielleicht war ja der Gedanke sogar, dass ohnehin wenige Leute überhaupt das 2014er Set ihr eigen nennen und man ihnen so einen “Trostpreis” geben kann. Oder es wurde eben bewusst als Hommage an dieses Set konzipiert. Vielleicht kommt ja nächstes Jahr dann die Seoul-Skyline. ;)

  • Fazit

    Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass mir die Singapur-Skyline ziemlich gut gefällt und eine würdige Erweiterung der Reihe darstellt, zu einer Stadt, die auch ein schönes Skyline-Modell verdient hat. Zumindest für mich als Laie wird die Stadt und ihre Wirkung hier sehr schön eingefangen und die stimmige Gesamtkomposition aus Vorder- und Hintergrund ist in so konsequenter Form auch etwas neues. Durch die bunte Skyline-Thematik ist das Set recht abwechslungsreich zu bauen. Die Bautechniken sind vielleicht nicht alle eine Erleuchtung, wenn man das alte Set und vorherige Skylines kennt, enthalten aber trotzdem ein paar aha-Momente. Sie erfüllen auch definitiv ihren Zweck und geben die Vorbilder gut wieder.

    Ein Kritikpunkt ist für mich aber die starke Ähnlichkeit zum Marina Bay Sands Set. Da hätte ich mir einfach eine etwas radikalere Neuinterpretation des Gebäudes gewünscht, auch wenn das Modell für sich genommen gut getroffen ist. Ich wüsste zwar nicht auf Anhieb, wie diese aussähe, aber ich bin ja glücklicherweise auch nur Reviewer und stehe nicht in einem Bauwettbewerb mit Herrn Kobe. =O Da ich, wie viele andere, das limitierte Set aber nicht besitze, kann ich das auch irgendwie verschmerzen und vielleicht ist man in dieser Hinsicht von der Dubai Skyline einfach etwas verwöhnt.

    Etwas schade finde ich auch den erstmaligen Bruch mit einigen Architecture-Traditionen in diesem Set, wie der aufklappbaren Box und der schwarzen Anleitung. Dies war aber nach über 10 Jahren und im Rahmen der ganzen 18+-Markenumstrukturierung fast zu erwarten und tut, wenn auch der Tradition und Sammelleidenschaft, zumindest dem Modell keinen Abbruch.

    Für Fans der Reihe und des kleinen Maßstabs gilt eine klare Kaufempfehlung und für Fans der Stadt, erlaube ich mir mal anzumaßen, ebenso! Ob die Singapur-Kenner dabei das Fehlen ihres geliebten Meereslöwen verschmerzen können, wird man sehen. Bei allen anderen bin ich zumindest gespannt, was sie aus der bedruckten 2x3-Fliese so rausholen. ;)

    Danksagung

    Bedanken möchte ich mich zunächst bei LEGO, die mir das Set kostenfrei zur Review zur Verfügung gestellt haben. Des weiteren gilt mein Dank natürlich der RogueBricks-Community, allen voran Ben, die mir die Möglichkeit gegeben haben, eine Review für ein neues Set meiner Lieblings-Themenreihe zu schreiben. Das ganze hat sehr viel Spaß gemacht und ich hoffe, dass auch das Lesen dies tun wird. Das Set bleibt natürlich als Teil meiner Sammlung aufgebaut.

  • Wow. Einfach wow. Das ist derart detailliert, dass man keine Info mehr vermisst. Ich hätte nie gedacht, dass es so viel zu dem Set zu sagen gibt, aber alles, was ich hier gelesen habe, war super informativ und spannend. Hab riesigen Dank, Christian.

    Ich finde das Set persönlich eher uninteressant, wofür das Set weniger kann. Ich verbinde einfach nichts mit der Stadt. Dein Review war dafür umso beeindruckender. Das kann man nicht besser machen! Chapeau!

  • Hallo Christian,

    ich denke das ist bislang eines der detailliertesten Reviews das ich je gesehen und die Freude hatte lesen zu dürfen :S Vielen Dank dafür :thumbup:

    bzgl. Marina Sands Bay - Einzelmodell

    Ich kann an dieser Stelle ein Rebrick sehr empfehlen. Ist dank der Teileliste auf Bricklink.com sehr einfach. Und die bedruckte Fliese kannst du einfach bei einem Steinedrucker machen lassen. ;)

    Liebe Grüße

    Jonas (kreativ.art_)

    Zu keiner Zeit auf Lego verzichten müssen: Stud.io :love:

    Bauanleitungen von mir auf rebrickable

    LEGO Videos und mehr auf Youtube

    Ein paar Fotos mehr auf flickr

  • Vielen Dank euch allen, schön zu sehen, dass es gut ankomt.

    Ich hätte nie gedacht, dass es so viel zu dem Set zu sagen gibt, aber alles, was ich hier gelesen habe, war super informativ und spannend. Hab riesigen Dank, Christian.

    Ich finde das Set persönlich eher uninteressant, wofür das Set weniger kann. Ich verbinde einfach nichts mit der Stadt.

    Ein großes Vorbild für mich waren Tom Alphin's Reviews, die auch immer schön detailliert sind. Von ihm hab ich auch die Idee, die einzelnen Maßstäbe und die Verortung der Gebäude in der Stadt zu untersuchen. (Umso glücklicher war ich zu sehen, dass er in seiner Review zum Set auch viele Punkte anspricht, die mir aufgefallen sind.) Ich habe ja mit der Stadt auch nichts verbunden, aber die Review hat definitiv geholfen, das etwas zu ändern. Das Set hat quasi seinen Zweck als Architecture-Set erfüllt. :D

    Ich kann an dieser Stelle ein Rebrick sehr empfehlen. Ist dank der Teileliste auf Bricklink.com sehr einfach. Und die bedruckte Fliese kannst du einfach bei einem Steinedrucker machen lassen. ;)

    Ich scheue eigentlich nicht davor zurück, Sets zu rebricken. Gerade Architecture lässt sich normalerweise ziemlich gut rebricken durch die relativ vernünftigen Teile. Ich habe zum Beipiel einige der kleinen Landmarks-Gebäude rebrickt, die mit ihren 50 Teilen die über 100€ auf ebay eigentlich nicht wirklich wert sind. Und auch das Robie House habe ich nicht für 400€ als Set gekauft.

    Aber der Sammler in mir will dann tatsächlich trotzdem zumindest die Fliese und die Anleitung im Original. Beim Robie House gab's glücklicherweise beides für je 20€. Hätte es die Fliese nur für die 100€ gegeben, die Rebrickable als Durchschnittspreis angesetzt hat, dann hätte ich das wohl nicht gemacht. Momentan rebricke ich z.B. das Taj Mahal (einfach zum Trotz wegen der Preiserhöhung nächstes Jahr) und da gab es sowohl Anleitung und Fliese für um die 1€. Aber beim Marina Bay Sands verkauft die halt niemand, der das Set hat (hat mich schon beim Robie House überrascht).

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