Liebe Rogues,
es folgt ein Entstehungsbericht zu meinem neuen Lego-Baubereich, den ich meiner Frau und vor allem unserem Nachwuchs zu verdanken habe. Viel Spaß damit!
Einleitung
Seit vielen Monaten baue ich meine MOCs nun schon ausschließlich digital. Zu klein schien bisher die eigene Wohnung, zu störend war die Sammlung in den eigenen vier Wänden. Im letzten Jahr hat meine Frau unser Kind geschnappt, um Familie und Freunde zu besuchen und mir eine riesige Freude zu machen. Ich durfte mich ausbreiten und 7 Tage bauen, ehe ich erschöpft und völlig übermüdet meine Familie wieder empfing und schlafen ging.
Das Ergebnis dieser Eskapade werdet ihr noch zu Gesicht bekommen, sobald ich ansprechende Fotos schießen konnte. Den Rest des Jahres blieb das Lego auf dem Dachboden, wo ich ab und an ein Stündchen verbringen konnte, wenn es nicht gerade zu warm oder kalt war.
Beim digitalen Bauen habe ich vor allem gelernt, dass der unerschöpfliche Pool an Teilen nicht unbedingt glücklich macht. Vielmehr lernt man die Schattenseiten des digitalen Bauens kennen: Es sind lange nicht alle Teile vorhanden und es vergehen oft Minuten bei der Suche nach dem Teil, das man doch definitiv in der eigenen Sammlung weiß. Hinzu kommt dieser unsägliche Schmerz beim Versuch, Teile etwas außerhalb des Rasters zu verbauen: Man muss sie häufig manuell zurechtschieben und sehnt sich danach, in den Bildschirm zu greifen, die Teile dem PC zu entreißen und es endlich einfach selbst zu machen. Man hört sich dann ‚dämliche Software…tu es einfach…oh Gott, ich will mein echtes Lego in die Hand nehmen‘ winseln und der Wunsch nach einem eigenen Legozimmer wird immer größer.
Da bei uns das zweite Kind in den Startlöchern steht, stand eine kleine Umgestaltung der Wohnung auf dem Plan. Und so wurden in mir schlafende Hunde wach, dass mit einem Möbelstück weniger hier und einer Verschiebung da ein Legobereich für mich entstehen könnte. Meine Frau war außer sich vor Freude… Aber sie ist glücklicherweise auch der toleranteste und liebenswerteste Mensch, den ich kenne. Und so durfte ich meinen Wunsch stillen und mit der Planung beginnen.
Ich nehme euch nun mit auf eine Reise – zuerst in meinen Kopf, dann in mein Wohnzimmer und schließlich in den fertigen Legobereich, der nun fleißig befüllt wird.
Planung
Bevor ich loslege, sollte ich erwähnen, dass ich Anfang 2020 begonnen habe, eine halbwegs nachhaltige und günstige Variante zum Sortieren meiner Legosammlung umzusetzen. Ich begann, leere Milch- und Saftkartons zu sammeln, deren obere Hälfte ich abschnitt, um in die untere Hälfte Teile hineinzufüllen. Zugegebenermaßen ist die Lösung nicht ideal, um viele verschiedene Teile zu sortieren, da man stets nur die oberen Teile sehen kann. Andererseits hatte ich zuvor einige 55l-Aufbewahrungskisten eines Möbelriesen angeschafft, die recht ordentlich 9x6 Kartons schlucken. Somit brauchte ich nur noch etwa 800 Kartons, um alle Kisten zu befüllen. Wie man an so viele Saftkartons kommt? Mit vielen leidensfähigen Freunden und ein paar weiteren, tollen Menschen, die sich für umme per Ebay Kleinanzeigen zu so etwas bereit erklären. Ich habe wirklich liebe Menschen darüber kennengelernt, aber das wäre einen weiteren Thread wert. An dieser Stelle gebührt meinen Helfern und Spendern ein riesiger Dank!
Zunächst hatte ich vor, eine Regalwand selbst aus Holz zu bauen, da ich schon einige Möbelstücke selbst konstruiert und auch die Werkzeuge daheim habe. Es mangelte jedoch deutlich an Platz für die Bearbeitung und diesmal auch an Lust, die Wohnung für einige Tage ins Chaos zu stürzen. Im Baumarkt wurde darüber hinaus schnell klar, dass der Eigenbau nicht günstig werden würde, da irgendjemand scheinbar einen Holzkaufrausch hat und die Preise in die Höhe geschossen sind. Unerhört.
So machte ich mich auch auf Bitten meiner Frau auf die Suche nach fertigen Regalen, die die Aufgabe erfüllen würden. Und tatsächlich wurde mir bald klar, dass die Kleiderschrankserie einer großen Möbelhauskette eine passable Lösung sein würde. Dabei handelt es sich um ein Kleiderschranksystem, das man recht vielfältig konfigurieren kann. So lassen sich Schubladen mit und ohne Sichtfenster in der Front, einfache Regalböden oder auch Böden mit Auszug verbauen. Dies lässt sich bereits im Browser in 3D konfigurieren.
Spätestens hier hatte ich angebissen und berechnete nun das Platzangebot. Unsere Wand, die für das Projekt herhalten soll, bietet maximal Platz für drei Schränke. Genauer gesagt ist sie mit 2 Schränken à 236x100cm und 1 Schrank von 201x75cm voll ausgereizt, da hier die Dachschräge beginnt. Passend ist hier auch die Schubladenhöhe von 16cm, was in etwa der Höhe meiner Saftkartons entspricht.
Einige Schubladen müssen nicht so häufig (und dann mittels Hocker) erreicht werden, weshalb ich sie bis maximal 160cm Höhe verbauen möchte, der Platz darüber soll für allerlei Kram vorgehalten werden (MOCs!). Ein wenig Beleuchtung dazu und fertig ist die Planung: 3 Schränke mit insgesamt 25 Schubladen, davon 16 große (7x12 Kartons) und 9 kleine (7x8 Kartons). Das ergibt Stellraum für 1848 Saftkartons. Spoiler: Mir fehlen noch 459 Saftkartons
Ich habe zusätzlich zwei Schubladen ausgespart, um stattdessen Platz für vier ausziehbare Regalböden zu haben. Dort sollen einige Setzkästen und ein Steh-Arbeitsplatz unterkommen.
Zu den Schränken kommt nun noch ein weiterer Marke Eigenbau, der die von Legopard empfohlenen Kleinteilemagazine (danke für diesen tollen Hinweis!) schlucken sollte. Um die Ecke unterhalb der Dachschräge zu nutzen, bietet sich eine Art Apothekerschrank mit zwei großen, senkrecht stehenden Schubladen an. Diese sollen jeweils 2x3 der Magazine tragen, die sich so sehr schön und platzsparend verstecken lassen.
Umsetzung
Leidliches Problem der Schubladen ist das Schienensystem. Sie bieten nur einen ¾-Auszug, weshalb etwa ¼ aller Saftkartons nicht erreichbar wären. Die Lösung liefert ein Online-Marktplatz, bei dem man Vollauszüge mit Soft-Close in verschiedensten Größen besorgen kann. Passend zu den Schränken bestelle ich daher 29 Paar Auszüge mit 550mm Länge. 25 Paare für Schubladen und 4 Paare für die ausziehbaren Regalböden. Für den Apothekerschrank benötige ich zudem noch 2 Paar in 650mm Länge. Warnung: Solche Schienen wiegen unfassbar viel. Sie wurden im Container per Kranwagen vor meine Haustür gestellt (vielleicht waren es auch nur 2 Pakete von je 20kg).
Ein Problem
ergibt sich aus der Baubreite der Auszüge. Sie sind deutlich schmaler als die
der Möbelhauskette. Zum Glück lässt sich das mit Zuschnitten aus dünnen
Multiplex-Platten ausgleichen. Dank einer fantastischen Tischkreissäge eines
Freundes waren diese auch flink zugeschnitten. Jetzt mussten die Auszüge auf
den Innenseiten der Korpora befestigt werden. Die Bohrungen der neuen Schienen
passen leider nicht mit den vorgesehenen am Korpus zusammen, weshalb ich die sie
händisch ausmessen und neu setzen muss. Hinweis vom Möbelmoddingmartin: Die Korpora sind
nicht aus Vollmaterial! Sie sind innen hohl und nur nahe der Bohrungen
gefüttert. Eigene Bohrungen sind daher nicht sehr haltbar und mit Bedacht zu
setzen. Da verdrücke ich mir schnell eine dicke Träne, die sich aus dem Auge
ans TagesMondlicht quetschen und Erinnerungen an Möbel aus Massivholz
ins Gedächtnis rufen will.
Der Einbau gelingt bisher ohne große Zwischenfälle. Einzig beim Aufstellen der Schränke und dem Einschrauben der Schubladen bin ich zu ungeduldig und richte die Schränke nicht erst mit der Wasserwaage korrekt aus. Wie sich herausstellt, stehen die Schränke auf unserem Altbauboden schief. Wer dann die Schubladen waagerecht einbaut, hat schon verloren. Zu sehen ist das auf den Bildern des Rohbaus glücklicherweise noch nicht so sehr.
Ich kann damit leben, da mir die Funktion wichtiger ist als das Aussehen. Am Ende sollen die Schränke ohnehin verhangen werden, um ein wenig Wohnzimmerfeeling zurückzugeben.
Kosten
Die Korpora der Schränke kosten 245€, die Schubladen schlagen mit 623€ (16x26€ und 9x23€) zu Buche. Leider bleiben 25 Paar Schienen, die den Schubladen beiliegen, übrig. Ich kann sie immerhin für einen kleinen Groschen bei Ebay verkaufen. Außerdem kaufe ich 7 Regalböden. Hinzu kommen je zwei Lampen und LED-Birnen. Es folgt noch ein wenig Holz und Farbe aus dem Baumarkt, die mich nochmals 200€ kosten. Und Muschelgriffe für die Schubladen. Auf der Gesamtrechnung stehen letztlich etwa 1400€, was angesichts des Resultats für mich gut zu verkraften ist.
Ergebnis
Kommen wir zur Auswertung. Abgesehen vom schiefen Einbau der Schubladen, was mich schon etwas ärgert, bin ich mit dem Resultat sehr zufrieden. Die Schubladen gleiten einwandfrei und leise heraus und wieder hinein. Sie bieten exakt so viel Platz für Kartons wie vorgesehen und lassen sich in voller Tiefe erreichen - ein Träumchen! Die Muschelgriffe habe ich leider noch nicht montiert.
Die ausziehbaren Regalböden sind sehr praktisch, wenn auch etwas zu kurz für die Setzkästen. Toll ist der Arbeitstisch, den ich schnell nach der Arbeit verstauen kann, um den Wohnbereich nicht mit meiner Bastelei zu stören.
Gut eignet sich der Arbeitsplatz auch, um Farbkarton als Backdrop für Fotos aufzustellen. Das hat bei meinem kürzlich veröffentlichten Review schon prima funktioniert.
Ich freue mich auch, dass der Apothekerschrank mit den Kleinteilemagazinen so reibungslos erdacht und aufgebaut war.
Zwar hat mich der Aufbau der Schränke einige Kröten und Nerven gekostet, den Benefit des eigenen Kreativbereichs möchte ich aber um keinen Preis mehr missen. Ich kann endlich bauen, wenn sich ein Zeitfenster auftut
Die Sonne geht auf. Meine Augen werden schwer. Es ist die zigste Nacht, die um 4 Uhr morgens beginnt und um kurz vor 7 wieder endet, da meine kleine Tochter zur Tagesmutter gebracht werden möchte. Ich atme tief durch und denke an das, was ich geschafft habe. Und bin glücklich.