Lego Architecture. Eine Reihe, die sich seit ihrer Einführung im Jahre 2008 immer größerer Beliebtheit erfreut. Anfangs nur als wenige limitierte Exklusivsets vorgesehen, wurden die ersten Sets bald für den Massenmarkt neuveröffentlicht und die Reihe erweitert. Seitdem wurden rund 40 Sets in drei verschiedenen Subkategorien veröffentlicht: Landmarks, Architects und Skylines, also Wahrzeichen, Nachbauten berühmter Gebäude, und, nun ja, Skylines halt. Bei letzterem handelt es sich um Modelle typischer Sehenswürdigkeiten ausgewählter Städte im Mikro-Format. Um ein Skyline-Set dreht es sich auch in meinem Review, und was würde wohl besser passen als meine Stadt?
Willkommen bei Bane's View zum Architecture Skyline-Set 21027 Berlin.
Dies ist mein erstes Architecture-Set überhaupt. Ich fand die Reihe schon immer wunderschön und edel aufgemacht, doch die Preise haben mich bisher immer abgeschreckt. Warum habe ich's mir dann geholt? Nun, ich hatte noch einen 10€ Amazon Prime Now-Gutschein und nichts mehr zu essen zu Hause, weshalb ich mir bei Amazons Now-Lieferdienst Lebensmittel bestellte, und gleich das sowieso schon reduzierte Berlin-Set in den virtuellen Warenkorb geworfen, because, why not?
Hard Facts
- Berlin
- 21027
- UVP: 29,99€
- Steine: 289
- Preis pro Stein: 0,104€
- Altersempfehlung: ab 12
- Verfügbarkeit: Januar 2016 - heute
Scheinbar habe ich nicht nur virtuell das Set in den Warenkorb geworfen. Nach eineinhalb Stunden war meine Lieferung da, die Verpackung leider etwas zerkratzt. Nicht weiter schlimm, die ist eh zum aufmachen da.
Das Box-Design ist, wie auch beim Rest der Reihe, sehr edel in schwarz gehalten. Die Spitze des Fernsehturms hat schon nicht mehr draufgepasst, lustigerweise geht sie auf der anderen Verpackungsseite weiter.
Auf der Rückseite eine kurze Zusammenfassung zu den Bauwerken. Anscheinend ist Berlin das Aushängeschild für "gewagte, moderne Architektur". Okay. Na dann. Gut zu wissen.
Hier anzutreffen der Rest der Fernsehturmspitze, sowie der obligatorische Größenvergleich. Wenn's keine Minifigur gibt, dann halt ein Gitter.
Die edle Aufmachung hört nicht beim Cover auf. Neben der offensichtlich auf Erwachsene zugeschnittenen Gesamttonalität, fährt Lego bei dieser Reihe eindeutig auf der Apple-Schiene mit. Schon das Unboxing ist anders als bei anderen Sets. Normalerweise hoffst du, dass der Karton nicht reißt. Hier geht die Lasche einfach und gediegen nach oben auf: nicht allein das Produkt soll geil sein. Schon das Auspacken soll sich richtig premium anfühlen. Bauen ist eine building experience, eine Erfahrung! Du bist quasi kurz davor, dir den Aufbau dieses Sets in deinen Lebenslauf zu schreiben. Anders gesagt: Lifestyle, Alter.
Der Inhalt: Vier Tütchen mit Kleinteilen, die Aufbauanleitung und ein Extra-Zettel mit der Aufforderung, das Produkt zu bewerten. Lifestyle-Umfrage halt.
Tüte 1. Glaubt mir, es macht wirklich kein Spaß, die Teilchen so hinzusortieren. Ich mache das nur für euch!
Tüte 2 mit den etwas größeren Steinen.
Tüte 3 und nein, ich hatte wirklich keine Lust, die Studs schön in Reih' und Glied hinzulegen. Wirklich nicht.
Tüte 4 mit drei bedruckten Teilen der Berliner Mauer sowie dem Berlin-Schriftzug auf einem 1x8-Tile.
Wie bei Architecture-Sets üblich, ist das Bauanleitungs-Booklet aus dickerem und hochwertigerem Papier als beim gemeinen Lego-Set. Am Anfang der Anleitung gibt es ein paar mehr oder weniger korrekte Infos zu den Bauwerken im Set neben gut aussehenden Photoshop-Bildern ebendieser. Lustigerweise immer bei gutem Wetter. Liebe Touris: der Berliner Winter dauert mindestens 6 Monate. Er wurde bei den Fotos nicht berücksichtigt, das hier dargestellte Wetter ist zu 50% Lüge.
Das obligatorische Quoten-Bauanleitungsfoto, falls das irgendjemanden interessieren sollte.
Zum Aufbau!
Auch eine Skyline wird von unten nach oben gebaut.
Es ist Allgemeinwissen, dass erst die Berliner Mauer errichtet wurde, DANN die Stadt.
Das erste der fünf Gebäude, tatsächlich wohl eines der Wahrzeichen Berlins: der Reichstag. Er besteht nur aus der vorderen Fassade, der hintere Teil fehlt. Mit netter Snot-Technik wurden die Fassaden verfeinert.
Ja, ein Gebäude, das wie kein anderes für die dunklen wie die guten Tage Deutschlands steht: Reichstagsbrand 1933, der den Nazis als Legitimierung für die Verhaftung politischer Gegner gut gelegen kam. Die Zerstörung der Kuppel im Zweiten Weltkrieg und die Verwahrlosung während des Kalten Krieges, aber auch die Restauration mit neuer Kuppel, der erste gesamtdeutsche Bundestag nach der Wiedervereinigung, oder auch die Verhüllung des Reichstags durch das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude.
Platz im Set verdient? Ja!
Die kleine aber feine Siegessäule. Die griechische Siegesgöttin Viktoria, in Legos Version ohne Flügel oder genderspezifischen Attributen, stand früher tatsächlich wie auf dem Bild dargestellt vorm Reichstag:
Heute steht sie ein paar hundert Meter weiter im Tiergarten. Hitler hat sie wegbringen lassen, damit Platz für sein zum Glück niemals realisiertes Germania geschaffen werden konnte. Er hat die Säule außerdem vergrößern lassen. So sind sie halt, die Männer mit den Minderwertigkeitskomplexen. Wie man dem Namen "Siegessäule" schon entnehmen kann, wurde sie als Symbol für die "ruhmreichen" Siege gegen unsere heutigen EU-Freunde Dänemark, Frankreich und Österreich bis 1873 errichtet. Der mürrische Berliner nennt Viktoria gerne abfällig-ironisch "Goldelse".
Platz im Set verdient? Ja!
Auch der Bahntower vom Potsdamer Platz hat es ins Set geschafft. Dazu nun folgende Fragen: Warum der Bahntower? Und warum in schwarz?
Nun, ich schätze mal, die Designer wollten nach dem ganzen Deutsches Reich-Gedöns zumindest ein modernes Gebäude aus den 2000ern dabeihaben. Das kann ich verstehen, aber warum dann das da? Ja, in echt sieht die "Sänk ju for träveling wis Deutsche Bahn"-Zentrale ganz ok aus. Allerdings besteht sie vor allem aus Glas, wie auch die Bauanleitung sagt. Warum also keine blauen Transclear-Steine?
Ich habe zwei Jahre in einem Büro auf diesem Platz gearbeitet. Davor musste ich sieben oder acht Jahre fast täglich dort umsteigen und mich an den langsam laufenden Fototouristen vorbeikämpfen, die diesen sterilen Potsdamer Platz anscheinend für besonders betrachtenswert erachten. Inzwischen geh ich da nur noch hin, um den neuesten Star Wars-Film im IMAX zu sehen.
Falls ihr uns mal besuchen kommt, wundert euch also nicht, dass die Herzlichkeit der Berliner nicht direkt zum Vorschein kommt. Vor allem wenn der Tourist mitten im Feierabendverkehr stehen bleibt um sein Selfie-Stick zu zücken. Oder wenn er auf Rolltreppen links steht, statt rechts. Oder wenn er nach dem Aussteigen aus der Bahn erstmal direkt vor der Tür stehen bleibt. Ich schweife ab.
Platz im Set verdient? Nein!
Der Fernsehturm, wegen seiner Form unter Berlinern auch Telespargel genannt (so sagt man, ich kenne zumindest niemanden, der das tut). Der ganze Stolz der DDR, einen modernen, weit über die Berliner Mauer sichtbaren Fernsehturm am Alexanderplatz, gegen den der um einiges ältere West-Funkturm nur abstinken konnte. Das höchste Gebäude Deutschlands. Die Sicht auf Berlin und Umland ist bei schönem Wetter auf jeden Fall einen Ausflug nach oben wert. Das Restaurant dreht sich in einer halben Stunde einmal um die eigene Axe. Ist aber recht teuer. Bis auf den Berufs- und Pendelverkehr wird der Alex von Berlinern gemieden: Er ist hässlich, das Shopping Center ist grässlich, keiner weiß, warum er so ein Touristenmagnet ist. Gut okay, Primark ist da.
Bautechnisch einfach, aber gut gelöst, schön auch mit den silbernen Teilen. Etwas runder hätte er vielleicht noch sein dürfen.
Platz im Set verdient? Berlin ohne Fernsehturm ist wie Tschechien ohne Pils. Ja!
Wie süß! Das Brandenburger Tor im Mikro-Format. Macht was her, lediglich die Quadriga hätte man vielleicht anders bauen können. Aber in dem Maßstab auch schwer. Tatsächlich gab es das Brandenburger Tor schon 2011 in größerem Maßstab als landmarks-Modell.
Ja, was soll ich sagen, vielleicht das berühmteste und symbolträchtigste Berliner Wahrzeichen, wenn nicht Deutschlands. Jeder kennt's und das Tor musste auch viel durchmachen. Nazi-Defilees, teilweise Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, die Quadriga kam dreimal abhanden (erstmals hat sich Napoleon 1806 die Pferdchen geschnappt, endgültige Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, heute ziert eine Nachbildung das Tor). Desweiteren ist es natürlich als Symbol der deutschen Teilung ("Achtung, sie verlassen jetzt Westberlin") bekannt.
Platz im Set verdient? Logo!
Komplettansicht mit der Berliner "Skyline", auch wenn wir keine wirkliche Skyline haben.
Und einmal der nicht allzu schöne Rücken.
Die Resterampe - spare parts. Juhu! Eine Austausch-Goldelse. Falls sie mal umfliegen sollte oder so.