Hallo Freunde,
ich möchte euch heute ein schon länger geplantes Projekt vorstellen:
„Fletcher Floyd's verrückte Reise durch die (LEGO-)Zeit“.
Trotz meines meist jugendlich-sonnigen Gemüts, bin ich ja mit nunmehr 40 Lenzen kein ganz junger Mann mehr und habe trotz üppiger Dark-Ages damals wie heute so einiges von LEGO mitbekommen. Und das, was ich verpasst habe, mit einer gewissen Begeisterung recherchiert.
In einer, wie ich hoffe, bei entsprechendem Interesse regelmäßigen Rubrik möchte ich mich nun in einer Art Rückschau nach und nach verschiedenen LEGO-Themenreihen widmen, diese noch einmal vorstellen, ihre LEGO-History nachzeichnen und einen Blick aus heutiger (Sammler-)Perspektive auf vergangene Reihen werfen.
Ich möchte Euch jedes der Sets an dieser Stelle auch etwas ausführlicher vorstellen. Einordnung und Bewertung stammen hier natürlich KOMPLETT aus meiner subjektiven Fanperspektive. Andere Meinungen sind überaus willkommen, lasst uns gerne über die Reihe diskutieren! Ich lege hier entsprechend meinem persönlichen Geschmack einfach mal vor und akzeptiere vorab schonmal jede anderslautende Meinung.
Und noch etwas: Selbstverständlich besitze ich nicht alle Sets einer Reihe persönlich. Daher möchte ich vorab klarstellen, das ich in vielen Fällen über Sets schreibe und urteile, die ich nur vom intensiven Bilderstudium und diversen youtube-videos kenne.
In wieweit das Ganze auf Interesse stößt, muss sich zeigen, daher habe ich mich zu Beginn, um mal ein Beispiel zu hinterlegen, zunächst für eine Reihe entschieden, die wohl jeder kennt:
Es geht um die Themenreihe „Fluch der Karibik“!
LEGO Pirates Of The Caribbean (ab Februar 2011)
1.) Allgemeine Vorgeschichte
Jo-ho-ho: Anno 2011, anlässlich des bevorstehenden Releases von „Fremde Gezeiten“, dem vierten Ableger der Fluch der Karibik-Filmreihe, widmet sich endlich auch unser aller Lieblings-Spielzeugfirma aus Dänemark der erfolgreichen Kinoserie.
Zur Einordnung für alle Piratenmuffel: 2003 startete die Reihe, deren Grundidee auf ein Disneyland-Fahrgeschäft namens „Pirates of the caribbean“ zurückgeht, im Kino. Und die Abenteuer rund um den Kultpiraten Jack Sparrow, unnachahmlich dargestellt von US-Schauspieler Johnny Depp, wurden ein weltweiter Erfolg. Einspielergebnisse von stets um eine Milliarde US-Dollar (mal drüber, mal knapp darunter) belegen den gewaltigen impact, den die Actionkomödie von Disney, Produzent und Action-Legende Jerry Bruckheimer („The Rock“, „Con Air“, "Armageddon". "Pearl Harbor", etc., etc.) sowie Regisseur Gore Verbinski hinlegte.
Das totgeglaubte Piratengenre war plötzlich wieder angesagt und feierte ein großes Revival in der Popkultur. Serien wie „Black Sails“ oder auch „Crossbones“, ebenso mancher Spielfilm widmeten sich in folgenden Jahren der Thematik und auch Fluch der Karibik selbst blieb auch im vierten und fünften Teil ein ausgesprochener Kassenschlager. Seeräuber waren endlich wieder cool!
Überhaupt stellt die Filmreihe in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar: So gilt beispielsweise Teil 3 „Am Ende der Welt“ als die bisher teuerste Filmproduktion aller Zeiten. Eine LEGO-Reihe rund um Jack Sparrow und all die anderen liebenswerten Charaktere war da absolut naheliegend und der Erfolg schien vorprogrammiert.
A propos 'programmiert': Auch ein Videospiel erschien zur Reihe und erntete (im Rahmen der für Lego-Games üblichen Bewertungen) überwiegend Lob von der Fachpresse.
2.) Überblick
Auch wenn die Serie offiziell von 2011-2017 lief, so erschienen die meisten der Sets beinahe auf einen Schlag. Im Februar und März 2011 veröffentlichte LEGO acht der insgesamt zehn existierenden Sets, das Kultschiff „Black Pearl“ folgte mit einigem Abstand im November desselben Jahres. Damit schien die Reihe abgeschlossen, ehe 2017 anlässlich des fünften Kinoteils noch das Geisterschiff „Silent Mary“ als zunächst exklusives Set für Lego-VIP's erschien.
Nebenbei gab es auch noch einzelne Polybags von Jack Sparrow sowie einer Mini-Black-Pearl und sogar einen (misslungenen) Battle Pack. War aber alles nicht überall zu bekommen und wird daher in diesem Text zunächst nicht weiter erwähnt. Könnte ich bei Bedarf noch nachreichen.
Die Reihe bietet einige Besonderheiten: Den Sets lagen je nach dargestellter Szene unterschiedliche Poster und hübsche Sammelkarten bei. Die Preise waren auffällig hoch im Vergleich zu anderen Lizenzthemen. Und: Captain Jack Sparrow lag jedem erschienenen Set bei. Von ihm existieren zwei verschiedene Outfits und Kopf-Molds, über alle Sets hinweg wurden diese Versatzstücke immer wieder bunt durchgemischt. Im "Kannibalen"-Set verfügt er außerdem über ein geschminktes Gesicht (wie in der Filmvorlage), bei der Isla de Muerta hat er einen Wendekopf mit Fluch-Aufdruck.
3.) Die Sets (nach Größe und Kaufpreis aufsteigend geordnet):
Fluch der Karibik, Welle 1 (ab Februar 2011)
Kapitänskabine (4191), 95 Teile, UVP: 14,99 –
Preis aktuell: ca. 25 Euro
Hier wird ein Duell vor den in Flaschen gefangenen Schiffen in Blackbeards's Kajüte dargestellt. Mal davon abgesehen, dass ich mich beim besten Willen nicht daran erinnern kann, diese Szene in der finalen Version des vierten Films gesehen zu haben, finde ich dieses Set, das preislich Günstigste der Reihe, nicht komplett zufriedenstellend. Das liegt weniger an dem Gebauten, denn mit den bedruckten Flaschen, Sao-Fengs Seekarte und besonders dem damals neuen Globus bekommt man hier tolle neue Items und durchaus schöne Möbel. Für mich liegt der Hase hier bei den Minifiguren im Pfeffer: Wir erhalten zunächst wie immer Jack Sparrow. Was hier auch besonders Sinn macht, im günstigsten Set sollte auch die Hauptfigur immer drin sein. Als Kontrahenten gesellen sich allerdings nun der ebenfalls in den Sets Whitecap Bay und Queen Anne's Revenge bekannte Zombie Gunner, sowie der Yeoman aus Blackbeard's Crew dazu (im Set Queen Anne's Revenge ebenfalls enthalten). So bleibt unterm Strich ein drei-Mann-Battlepack, in dem keine Figur exklusiv ist.
Hier hätte man vieles Besser machen können. Eine kleine Kampfszene zum schmalen Buget ist prinzipiell immer eine gute Idee. Sinnvoller wäre es aus Fanperspektive aber natürlich gewesen, hier als Kontrahenten andere Figuren zu platzieren. Ich persönlich hätte hier mit zwei weiteren englischen Navy-Soldaten gut leben können, denn von denen kann man ja durchaus bei Spiel und Szenenbau mehrere gebrauchen. Dann hätte man zwar keine bedruckten Flaschen bekommen, da das Szenario ein anders hätte sein müssen (die Soldaten waren nie an Deck der Queen Annes Revenge), aber dafür wäre das Set vermutlich weggegangen wie warme Semmeln.
Mein Fazit: Wer die Figuren bereits aus anderen Sets hat, muss hier nicht zuschlagen, außer er braucht unbedingt die beiden Flaschenschiffe und Sao Fengs Karte. Aus heutiger Sicht gibt’s alles easy bei bricklink.
Isla de Muerta (4181), 152 Teile, UVP:
26,99 - Preis aktuell: ab 56 Euro
Kleine Kampfszene mit offiziell vier, eigentlich aber eher „dreieinhalb“ Minifiguren (Jack, Elizabeth, Barbossa, Skelett-Barbossa). Der Schlussakt aus Fluch der Karibik 1. Ein paar Felsen, etwas Wasser, der Schatz des Cortez, ein Ruderboot und zwei Spielfunktionen.
Mein Fazit: Allein schon aufgrund der Figuren ein Muss, besonders für Einsteiger, die auf einen Schlag viele der Hauptfiguren erwerben möchten. Für Fans mit kleinerem Geldbeutel aber eventuell schon zu teuer. Steinetechnisch ist zwar nur das Nötigste dabei, es gibt wird aber immerhin noch recht viel daraus gemacht. Highlight: Man kann Barbossas Verwandlung nachspielen, was wirklich einigen Charme hat. Daher: Habenswert, wenn auch preislich happig!
Quelle der ewigen Jugend (4192), 128 Teile, UVP: 26,99 – Preis aktuell: ab 50 Euro
Der Showdown aus Teil vier. Lego ist -ebenso wie bei der Isla de Muerta- nicht viel dabei, immerhin aber gibt es drei Minifiguren: Barbossa freut sich über einen neuen Torso und Hut (über das Holzbein vermutlich weniger, aber ist ja nur ein Film) und ist damit die einzige exklusive Minifigur. Der unvermeidliche Jack Sparrow ist wie immer mit von der Partie. Zum Highlight des Sets hat man hier eindeutig Finsterling Blackbeard auserkoren, der mit klasse Bartmold und seinem Zaubersäbel eine wirklich exzellente Umsetzung der Vorlage darstellt. Auch nice: Die runde Seekarte von Sao Feng liegt als bedruckte 2x2 Round Tile bei (gab's aber auch schon im günstigeren Captains Cabin -Set). Dazu gibt es ein Skelett.
Mein Fazit: Dieses Set machte und macht für PotC-Fans aus genau zwei Gründen Sinn: Man will entweder der Vollständigkeit halber alle Sets und Figuren (Admiral Barbossa) besitzen oder man möchte nicht extra die Queen Anne's Revenge kaufen, um an eine Blackbeard-Figur zu kommen.
Mich lässt dieses Set mit einem Kopfschütteln und einer Reihe von Fragen zurück: Warum kriegt man bei Jack und Blackbeard einen so tollen Hut-zu-Haar-Mold hin, bei Barbossa aber nicht? Warum kriege ich statt des Skeletts nicht zumindest noch einen englischen oder spanischen Soldaten? Und seit wann kosten dezent aufgemotzte Battlepacks 27 Euro? Als Einsteigerset mit wichtigen Basis-Figuren existiert ja quasi schon die Isla de Muerta, die zum gleichen (hohen) Preis im Direktvergleich einfach mehr Habenswertes bietet. Auch wenn einige nicht ganz alltägliche Steine in bspw. dark green enthalten sind und die Quelle-Parabola einen schönen Wasseraufdruck vorweist, haben wir es hier für mich persönlich mit dem schwächsten Set der Serie zu tun.
Flucht vor den Kannibalen (4182), 279 Teile, UVP: 39,99 - Preis aktuell: ab 60 Euro
Ein (sehr kleiner) Ausschnitt des Kannibalendorfes aus Teil 2. Ein demnach kleines, aber nicht eben günstiges Set. Figuren: Jack Sparrow mit Stammesbemalung und Will Turner, dazu zwei der namensgebenden Kannibalen. Einer der berühmten Knochenkäfige ('unsere Crew war mal größer') kann per Seilzug bewegt werden, Jacks Thron und eine der Hütten bilden den Rahmen, dazu gibt’s den 'Dorfgrill'.
Mein Fazit: Für das Gebotene gefühlt zu teuer, dazu mit den Kannibalen (alte Haarteile) nur zwei exklusive Minifigs dabei, wenn man mal von Jacks Kopf mit Gesichtsbemalung absieht. Mittelmäßig.
Duell bei der Mühle (4183), 365 Teile, UVP: 49,99 – Preis heute: ab 80 Euro
Zu diesem Set zitiere ich Will und Jack, als Will das erste Mal die Flying Dutchmann erblickt: „Macht äußerlich nicht viel her“ - „Machst du auch nicht. Unterschätze sie lieber nicht!“. Der legendäre Dreikampf Jack Sparrow vs. Will Turner vs. James Norrington aus Teil 2 scheint mit Blick auf den seinerzeit 50 Euro teuren Karton tatsächlich nicht viel herzumachen, bietet aber beim Aufbau genau die Liebe zum Produkt, die man sich als Fan der Reihe für jedes Set gewünscht hätte.
Man mag fast glauben, hier sei der zuständige Set-Designer selbst ein Riesenfan und habe versucht, soviel 'Fluch der Karibik' wie möglich mit ins Set zu packen. So lassen sich zum Beispiel Jack oder auch seine Kontrahenten stilecht per Gegengewicht-Trick am Glockenseil auf das Turmdach emporziehen. Klappt zwar nicht immer, aber da jemand die Fluch der Karibik-Action verstanden: Da wird viel mit Physik, Schwerkraft, Seilzügen und Gegengewichten gearbeitet und genau das fängt diese Spielfunktion perfekt ein!
Die Figuren lassen sich zudem am und innerhalb (!) des gewaltigen Mühlrades befestigen und was nun folgt, ist das bis dato vielleicht gelungenste Spiel-Feature bei einem Set dieser Größe überhaupt: Per Druck auf die Technic-Wippe springt das Rad mit Schwung aus seiner Fassung -und rollt und rollt und rollt... bringt zwar nichts, ist aber einfach nur toll gemacht und super spaßig:-)
Einzig bei den Figuren bleibt die Freude zumindest nicht ganz ungetrübt: Neben dem obligatorischen Jack Sparrow liegt erneut Will Turner bei, was aber immerhin die Anschaffung des Kannibalen-Sets eigens für diese Figur erübrigt. Mit Norrington und Hadras (die Muschel auf dem Kopf!) versöhnt man uns für das Altbekannte mit zwei traumhaften exklusiven Figuren. Und als Zuckerguss obendrauf gibt’s als bedruckten 1x1 Round Brick in dunkelrot das Herz von Davy Jones in einer Truhe. Herrlich!
Mein Fazit: Ein absolutes Must-have!
Flucht aus London (4193), 462 Teile, UVP:
59.99 – Preis aktuell: ab 75 Euro
Für mich komischerweise das schwierigste Review in diesem Verbund. Als man mich in Teil vier erstmals nach London entführte, war ich angenehm überrascht, sah man doch erstmals die berühmte Weltstadt im Fluch der Karibik-Universum. Und jetzt eine Szene zu diesem gelungenen Abschnitt im Rahmen der PotC-Reihe -was kann da schiefgehen?
Wir erhalten hier zwei Kutschen und eine halbe Aufklapp-Kneipe als Kulisse für die Verfolgungsjagd durch die Straßen Londons. Dazu immerhin stattliche fünf Minifiguren. Klingt an sich nicht mal schlecht und ist eigentlich auch nicht schlecht. Irgendwie will der Funke bei mir aber dennoch nicht so ganz überspringen...
Die Kutschen wirken für ihre Größe und überschaubare Teilezahl recht nett, gezogen werden sie noch von den alten Pferden. Die Kneipe wartet mit akkurater Höhe und einem schönen Fähnchen außen und dem bedruckten Bild eines Schiffsgemäldes innen auf und kommt als kleines Kulissenbauwerk mit schmalem Beiwerk in Form eines Tisches auch ganz nett rüber. Dafür will die Spielfunktion mit den rollenden Fässern nicht recht geschmeidig funktionieren. Dafür gefällt der geheime Klappausgang. Eine der Kutschen kann zudem glühende Kohlen abwerfen. Aber so richtig überzeugend oder mit „Aha-Effekt“ wie bspw. bei der Mühle wurde hier nicht abgeliefert. Auch bei den Figuren bin ich etwas zwiegespalten: Wir bekommen zwar in Form der in den Filmen allgegenwärtigen Soldaten der britischen Navy erstmals und exklusiv die „Stormtrooper“ von Fluch der Karibik in die Hand, außerdem erstmals den allseits beliebten Joshamee Gibbs. In Kauf nehmen müssen wir dafür abermals einen Standard Jack Sparrow, sowie einen namenlosen Kutscher. Speziell Letzterer ist bei einem Set mit zwei Kutschen schon irgendwo sinnvoll, aber gerade bei einer Themenreihe, die so sehr von ihren Minifiguren lebt wie Fluch der Karibik, hätte man das Set durch Beigabe von Jack's Vater oder König George (dann halt Palastecke statt Kneipe) richtiggehend veredeln können.
Mein Fazit: Keine kluge Entscheidung, das London-Szenario in ein Set mittlerer Größe zu packen. Obwohl kein Teil des Sets wirklich schlecht ist, wirkt es als Ganzes irgendwie recht unfertig, so dass ich auch vom Kauf bis heute abgesehen habe... Mir fehlt hier persönlich einfach das gewisse Etwas, das Fluch der Karibik-Feeling. Da wird vieles angedeutet, aber nichts so richtig durchgezogen. Zum Vergleich: Das Duell (warum eigentlich Duell, müsste das nicht Triple-Threat heißen?) an der Mühle kostete seinerzeit 10 Euro weniger und ist in allen Belangen besser: Charme, Umsetzung, Play-Features, Minifiguren, Preis-Leistungs-Verhältnis...
Trotzdem möchte ich natürlich fair bleiben: Aus damaliger Sicht war das Set mit Sicherheit wesentlich attraktiver als aus heutiger Perspektive, war es doch seinerzeit die einzige Gelegenheit, an besagte Navy-Soldaten und besonders auch an Master Gibbs heranzukommen (denn die Black Pearl ließ ja noch bis zum Jahresende auf sich warten). Von daher möchte ich das Set jetzt nicht künstlich schlechtreden, sondern kann sagen: Von allen Fluch-der-Karibik-Sets, die ich NICHT gekauft habe, war ich bei diesem noch am nächsten dran:-)
Whitecap Bay (4194), 745 Teile, UVP: 89,99
-Preis aktuell: Ab 170 Euro
Whitecap Bay. Bay = Bucht. Zwei süße Meerjungfrauen. Zwei Boote. Kein Wasser...
Okay, das klingt nicht gerade vielversprechend, aber die Whitecap Bay ist in mehrerlei Hinsicht derart bemerkenswert geraten, dass ich mir diese neckische Anmerkung vorweg mal erlauben wollte. Fast alle Aspekte dieses Sets bewerte ich nämlich ausgesprochen positiv. Doch der Reihe nach: Wir erleben hier die wie ich finde fantastische Meerjungfrauen-Szene aus Teil 4, konkret den Versuch von Blackbeard's Gang, sich ein Exemplar der blutrünstigen Schönheiten im wahrsten Wortsinn an Land zu ziehen.
Wer bis hierhin gelesen hat, dem mag schon aufgefallen sein, in welche Richtung sich meine Fazits schwerpunktmäßig bewegen: Toll zum Figuren Sammeln, aber nicht unbedingt etwas, um seinen Grundstock an LEGO-Bausteinen zu erhöhen. Whitecap Bay straft mich hier Lügen, denn für mich war dieses Set, kurz nach meinem Erwachen aus den Dark Ages, lange Zeit ein ausgesprochen ergiebiger Teilespender, insbesondere natürlich in dark gray. Der Turm wirkt samt Anbau angenehm groß, die Boote und Netze (samt Abschusskanone, die leidlich gut funktioniert) bieten einigen Spielspaß. Der im Film genutzte Suchscheinwerfer funktioniert hier per Leuchstein und Lupe, was allein schon ein tolles Alleinstellungsmerkmal dargestellt hätte. Absolutes Highlight ist jedoch das „Main Action Feature“: Per Hebel zerfällt der obere Turmteil in drei größere Blöcke, die krachend auf dem Boden landen (und dabei selbst fast immer unbeschädigt bleiben!)
Das Einsturz-Feature ist der absolute Knaller, fast noch besser als das Mühlrad. Damit habe ich meine Große mal richtig zum Narren gehalten. Ich sagte zu ihr: „Schau' mal Süße, mein neuer Turm!“-“Oh, toll...!“ Ich lasse sie spielen, betätige nach einer Weile unauffällig den Hebel -“Hey du hast es kaputt gemacht!“ - (sie total erschrocken)“Ich war das nicht, was ist passiert? (ahnt etwas) Papa?!“ - „Hahaha“ -ich werde es nie vergessen. Sie hat das dann nochmal mit der Kleinen wiederholt und später beide mit der Mama -drum merke: Ein guter (LEGO-)Streich geht um die ganze Welt:-)
Achja: Tolle Minifiguren! Wir bekommen selbstverständlich erneut Jack Sparrow, aber dazu stattliche fünf (!!) frische Figuren (vier davon exklusiv): Phillip Swift (der gefangene Priester), zwei schnucklige Meerjungfrauen, den sympathisch-trotteligen Scrum. Dazu gibt es nochmals den aus der Captain's Cabin und Queen Anne's Revenge bestens bekannten Zombie-Gunner.
Mein Fazit: Als Fluch der Karibik-Fan auch ein Must-Have, besonders wenn man, wie ich, Teil 4 sehr schätzt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Sets könnte hier eine Anschaffung auch für Preise deutlich über dem UVP noch ohne Bauchschmerzen verlaufen, denn man kriegt hier wirklich etwas ausgesprochen Feines! Es steckt einfach die volle Breitseite an Spielspaß und PotC-Feeling im Karton. Und: Aus den Steinen lässt sich auch abseits des eigentlichen Sets viel machen (zum Beispiel oben gefeierte Mühle erweitern...), dazu überzeugen die Figuren auf ganzer Linie!
Queen
Anne's Revenge (4195), 1094 Teile, UVP: 129,99, Preis aktuell: ab 300 Euro (gebraucht)
Das letzte und mit deutlichem Abstand größte Set der ersten Welle war überraschenderweise (noch) nicht die Black Pearl, sondern stattdessen die „Queen Anne's Revenge“, das Schiff von Blackbeard aus Teil vier. Und dieses Schiff macht sooo vieles richtig: Die blutroten Segel sind der erste ganz große Eyecatcher. Aber die Queen bietet noch mehr: Eine beachtliche Länge. Viele der Vorlage entsprechende Totenkopf-Details und die charakteristische gläserne Rückwand. Allein ein Blick auf die Verpackung löst wohl bei jedem Piratenfan sofort den berühmten „Will-Haben-Reflex“ aus. Mit einem UVP von 129,99 Euro bewegt man sich hier aufgrund des Gebotenen im fairen Rahmen, den Kauf des Schiffes dürfte zum UVP wohl niemand ernsthaft bereut haben.
Um das so hinzubekommen, mussten aber schon einige Kompromisse eingegangen werden, die ich trotz meines Lobes und meiner Freude, das Schiff noch zu einem vertretbaren Kurs erstanden zu haben, nicht verschweigen möchte...
Zunächst: Die Queen Anne ist so gebaut, dass sie ohne jegliche Umbaumaßnahmen mit insgesamt acht (!) bespielbaren Kanonen ausgestattet werden kann. Im Lieferumfang enthalten sind aber lediglich drei Geschütze. Die übrigen müssen also selbst angeschafft werden, wenn man die Vollausstattung möchte.
An dieser Stelle erlaube ich mir einen Einschub zur Warnung: Wenn Ihr das Schiff -oder allgemein Kanonengeschütze in reddish brown- euer eigen nennt, löst bitte niemals -NIEMALS!!- die Kanone nochmal aus der Halterung. Es könnte euch derselbe Schock ereilen, der mich gestern traf -und das gleich zweimal:
Also: „Pirates, ye be warned!“
Ich muss erneut feststellen, dass reddish brown nach wie vor die LEGO-Problemfarbe Numero uno ist und sowas darf einfach nicht sein. Ich habe dasselbe Teil hier noch mehrfach in rot aus der 89er Pirates-Welle rumstehen, von wilden Kindern exzessiv bespielt - und da bricht absolut nix ab, seit über 30 Jahren. Muss mal schauen, ob mir da der Kundendienst weiterhelfen kann, auf Bricklink sind die Teile selten und nicht gerade günstig...doch zurück zur Queen Anne:
Dass, wie bei allen Schiffen dieser Preisklasse, ein Oberdeck fehlt, ist für mich zu verschmerzen, dies auf eigene Kappe nachzubauen zudem technisch nicht schwierig; Andockstellen für ein nachträglich anzubringendes Deck sind nämlich reichlich vorhanden.
Bedenkt man, dass Geschütze und vor allem die viele für ein Oberdeck nötigen langen Platten eher zu den teureren Teilen gehören, kann ich die Sparsamkeit an dieser Stelle verstehen, man muss ja preislich irgendwo am Ende im Rahmen bleiben. Von daher beides Punkte der Marke, „muss man ansprechen, tut aber nicht wirklich weh“.
Der Punkt, der mich bei dem Schiff als einziges wirklich stört, ist die offene Kajüte. Es gibt keine Wand mit Tür, sondern man latscht als Minifigur einfach geradeaus in die Kabine rein. Da hätte Jack Sparrow keine Meuterei anzetteln müssen, um seine Audienz bei Blackbeard zu erhalten. Auch führen in der Vorlage, ähnlich der Black Pearl, zwei gewundene Treppen hinauf zum Steuerrad, auch diese fehlen hier komplett.
Alles in allem muss man konstatieren, dass die Queen Anne von vorneherein an vielen Stellen so wirkt, als habe man ganz gezielt Möglichkeiten mitgeliefert, einzelne Teile des Schiffes nachträglich etwas zu erweitern und aufzuhübschen, wie etwa die 2x4 Plättchen an der Reling (Oberdeck) oder den abnehmbaren Kajütenteil. Ich persönlich möchte dieses Projekt nun nach Jahren des Aufschubs auch zeitnah angehen.
Bewertet werden soll hier aber natürlich, was im Karton steckt und das weiß unterm Strich auch in seiner gebotenen Form vollstens zu überzeugen. Natürlich kommt es nicht an Größe, Detailgrad und Perfektion eines Imperial Flagship heran. Natürlich hat es nicht den legendären Charme einer Black Seas Barracuda. Doch beim trunkenen Klabautermann, kein LEGO-Schiff zuvor war jemals so badass wie die Queen Anne's Revenge.
Zu den Minifuren: Insgesamt gibt es sieben. Dazu einige Deko-Skelette. Die Auswahl fällt für mich persönlich nicht so stark aus wie gehofft: Jack Sparrow ist sowieso in jedem Set der Reihe dabei, bleiben also sechs Figuren übrig. Zuerst das Positive: Die exklusive Angelica-Minifigur mit dem bis heute exklusiven Hut-Haar-Mold samt Feder ist ein absoluter Traum und das Highlight der Besatzung! Auch Blackbeard ist nach wie vor erste Sahne, aber aufgrund des „Jungbrunnen“-Sets eben nicht exklusiv. Das sind dafür zum einen immerhin noch der Quartiermeister und zum anderen der Schiffskoch. Der Quartiermeister ist auch super gemacht und passt thematisch als Crewmitglied hierhin. Das tut der Koch eigentlich auch, aber irgendwie hätte ich mir da was anderes gewünscht als eine Figur mit gefühlt zwei Minuten Screentime in einem Film von über zwei Stunden. Die beiden letzten Figuren sind schließlich reines Auffüll-Material und zwar erneut der Zombie-Kanonier (bereits in seinem dritten Set!) sowie der Yeoman Zombie aus der Captain's Cabin.
Mein Fazit: Tolles, großes LEGO-Piratenschiff, an vielen Stellen nah an der Vorlage und mit vielen Upgrade-Möglichkeiten für Modder, aber hier und da auch etwas 'unvollkommen'. Dennoch damals ein absoluter Pflichtkauf und heute nur noch zu absoluten Mondpreisen zu haben.
Gesamtfazit Fluch der Karibik, Welle 1:
Eine sehr ordentliche, umfangreiche, aber nicht perfekte Welle an Sets zum Thema Fluch der Karibik. Klar: Piraten in flesh ist ohnehin schonmal super, überhaupt einmal wieder eine Piraten-Reihe, großartig! Marketingtechnisch wie qualitativ wurde zum Teil ganz hervorragend gearbeitet (soweit ich mir das zu beurteilen erlauben kann), so lagen vielen Sets Sammelkarten und allen ein Poster des jeweiligen Sets bei. Auch die Qualität der einzelnen Figuren ist selbst nach heutigen Maßstäben noch absolut beeindruckend.
Dem entgegen stand eine kühne Preispoliktik: Die Preise wirkten für das Gebotene im Bezug auf die reine Steinezahl sehr happig. Auch im Direktvergleich zu anderen Lizenzserien dieser Zeit (Star Wars).
Welche der Sets sind denn wirklich empfehlenswert? Hier mal ein kleiner „Sammlerstreifzug aus meiner persönlichen Perspektive:
Die „Piratenkabine“ ist als günstigstes Set eigentlich prädestiniert als Einsteigerset für Fans mit kleinem Geldbeutel, doch die Figurenauswahl ist leider unglücklich geraten. Mit der „Isla de Muerta“ war und ist man da trotz des höheren Preises klar besser beraten: Hier bescherte uns LEGO ein zwar nicht gerade günstiges, aber grundsolides Set, in dem schonmal drei (mit Skelett-Barbossa dreieinhalb) absolut essenzielle Charaktere vertreten sind. Wer davon ausgehend dann weitersammeln wollte, fand und findet mit der Mühle für 50 Euro ein sehr feines Set mit simpel wie genialer Spielfunktion, dass mit Will Turner und James Norrington zwei weitere wichtige Figuren enthält. Reicht das immer noch nicht, wartet schließlich mit der Whitecap Bay das einzige „große“ Festland-Set, dass ebenfalls rundum zu überzeugen vermag. Besitzt man diese drei Sets, hat man sein Geld auf keinen Fall fehlinvestiert.
Selbiges gilt in erhöhtem Maße für das Schiff „Queen Anne's Revenge“. Was LEGO hier seinerzeit für knapp 130 Euro in die Händlerregale stellte, war trotz einiger (nachvollziehbarer) Kompromisse schlicht der Wahnsinn und jeden Cent wert.
Dem entgegen stehen die beiden „Flucht“-Sets (Kannibalen und London) und die Quelle der ewigen Jugend. Die sind im Vergleich zu den drei obengenannten Sets eher Füllmaterial, dass vom Lego-Gehalt her nur wenig überzeugt und auch etwas überteuert wirkt. Sprechen beim „London Set“ immerhin noch Master Gibbs und die zwei Navy-Soldaten für den Kauf, fallen die beiden anderen Sets noch einmal deutlich ab: Die Kannibalenszene bietet mit zwei, nunja, Kannibalen, die auch nur in einer Filmszene eine Rolle spielen, lediglich zwei exklusive Figuren und nur wenig überzeugendes Lego. Hier hätte man bei einem Set dieser Größe vielleicht eher eine schmale Version von Tia Dalmas Hütte wählen sollen. Statt der Kannibalen und Will Turner (der ja auch in der Mühle dabei ist und später noch an Bord der Pearl aufschlug), hätten hier besagte Tia Dalma sowie die beiden sympathischen Trottel Pintel und Ragetti ganz hervorragende Minifiguren abgegeben (bei denen auch keine teuren Molds nötig gewesen wären, wenn man mal deren Umsetzung im LEGO-Videospiel zur Reihe zum Vergleich heranzieht, da sind sie nämlich dabei).
Das 'hässliche Entlein“ der Reihe bildet leider die „Quelle der ewigen Jugend“. Hier bleibe ich dabei, dass allenfalls Barbossas neue Kleider sowie Blackbeard einen Kauf rechtfertigen. Jack Sparrow und das Skelett sowie nur eine Hand voll Lego für 28 Euro finde ich hier einfach nicht gut gewählt. Eine Szene in Becketts Besprechungszimmer oder das Treffen mit Sao Feng hätte man hier auch noch halbwegs akkurat umsetzen können oder wie oben angesprochen, zumindest statt des Skeletts einen englischen oder spanischen Soldaten beilegen dürfen.