Die traurige Geschichte von Adalbert Highwater (Contest-Prolog)



  • Prolog

    Der Korrektheit halber gebe ich zu Protokoll, dass ich, Dr. Jenson Osoba, an jenem 32. Mavember des Jahres 87 nach den großen Kriegen höchstpersönlich in diese merkwürdigen Ereignisse verwickelt wurde.

    Mich erreichte eine Depesche, während ich mich gerade in der Bibliothek der Akademie in Lyssaris-Stadt befand. Man teilte mir knapp mit, dass ich mich umgehend zum Sitz des Herzogs begeben sollte, um Chronik zu führen über das jüngst in den Neun Reichen geschehene. Für die Nachwelt, zur Mahnung, wie man mir mitteilte.

    Roland van Tessel liegt im Sterben. Sein Bruder, der fruchtbare Gustav wurde ebenfalls verwundet und so obliegt es in diesen Tagen ausgerechnet dem ehemaligen Erzfeind, Rosco deNicola, das Inselreich wieder in geregelte Bahnen zu führen.

    Die Herrscher der anderen Reiche dürften das baldige Ableben des Herzogs kaum bedauern. Schließlich nahm alles Übel in Lyssaris-Stadt seinen Anfang. Auch wenn es sicherlich vermessen wäre, dem Herzog allein die Verantwortung für die Handlungen dieses ahnungslosen jungen Mannes zuzuschieben, über den ich im Folgenden berichten möchte, so ist doch allerorts zuviel Leid geschehen, als dass man den Lyssari so einfach vergeben könnte.

    Was war geschehen?

    Wie vermutlich alles, so hat auch diese Geschichte ihren Anfang. Und zu meinem Bedauern muss ich wahrheitsgetreu berichten, dass sich dieser an meiner eigenen Wirkungsstätte ereignete. Wie bekannt sein dürfte, waren die Lyssari das erste Volk der Neun Reiche, dass eine Akademie der Wissenschaften eröffnete. Akademien haben Studenten. Und einer von ihnen war Adalbert Highwater.

    Das meiste über Adalbert habe ich in den letzten Tagen in langen Gesprächen mit seiner bemitleidenswerten Mutter in Erfahrung gebracht. Sie beschrieb ihren Sohn, den jüngsten von vier Brüdern, als einen fröhlichen und intelligenten, aber in alltäglichen Dingen oft etwas naiven jungen Mann, der in schulischen Dingen stets herausgeragt hatte. Er hatte nie enge Freunde oder ein Mädchen gehabt, auch wenn er stets höflich und zuvorkommend mit seinen Mitmenschen umzugehen pflegte. Als Resultat für seine schulischen Leistungen erhielt er schließlich ein Stipendium an der Akademie der Wissenschaften, in der magischen Fakultät direkt unter der Leitung meines geschätzten Kollegen, Professor Marlin Randorf.

    Die ersten Monate lief es gut für Adalbert: Er zeigte sich am Lehrstoff interessiert und überzeugte mit guten Ergebnissen. Einer Karriere als Wissenschaftler schien nichts im Wege zu stehen und sein Weg vorgezeichnet -bis er, schätzungsweise im Zeitraum Haugust des Jahres 87 ndK, mit der Lektüre eines ganz bestimmten Buches begann.

    Es muss gesagt werden, Adalbert war ein eifriger Leser. So eifrig, dass er seine Neugier kaum bezähmen konnte, als er erstmals von ihm hörte -dem „Buch dass nie zu Ende ging“. Es lässt sich vermutlich nicht mehr herausfinden, wie genau Adalbert Kenntnis von jenem Buch erhalten hatte, aber mit einem Mal entwickelte der jungen Mann offenbar die fixe Idee, dieses Buch lesen zu müssen. Auf den merkwürdigen Spitznamen des Buches angesprochen erklärte mir Professor Randorf: “Wir dachten man nennt es so, weil es so langweilig ist, dass es keiner schafft, wach zu bleiben, bis er das Ende des Buches erreicht hatte."

    So oder so, schließlich und endlich gelangte das Buch in die neugierige Fingern von Adalbert Highwater und der fand es bedauerlicherweise alles andere als langweilig. Adalbert hatte mit einem Kommilitonen um ein Bier gewettet, dass er es schaffen würde, das Buch in einer einzigen Sitzung durchzulesen. Und -soviel positives sei über Adalbert Highwater gesagt- diese Wette gewann er. Wenn auch etwas anders als erwartet.

    Eines schönen Nachmittags schlug er in seinem Studierzimmer das geheimnisvolle Werk auf, entschlossen, seine Wette zu gewinnen.


    Das Buch schien Adalbert zu fesseln. Bedienstete der Fakultät berichten, er sei tagelang ohne Unterbrechung in seinem Zimmer geblieben.


    Irgendetwas an diesem Buch war merkwürdig. Eine Seite nach der anderen las der bedauernswerte junge Mann und doch schienen die Seiten nicht weniger zu werden. Weit über eine Woche hockte Adalbert bereits ohne Unterbrechung in seinem Zimmer, immer gieriger verschlang er Seite um Seite des Buches, kannte weder Tag noch Nacht, weder Essen noch trinken. Es war vielmehr das Buch, dass ihn nährte, so stellt es sich im Nachhinein dar, ganze vier Wochen hockte er insgesamt ununterbrochen in seinem Zimmer.

    Es war meinen Recherchen zufolge der 17. Hollunder des Jahres 86 ndK, als die Reinigungskraft Hermina Shishibulsky mit dem Hausmeister Gerolf Wiskersen die Tür zu Adalberts Zimmer aufstemmte. Hatte Adalbert in den Wochen zuvor auf Rufe und Fragen von draußen stets noch mürrisch geantwortet, man möge ihn in Frieden lassen, war an diesem Morgen keine Antwort mehr durch die schwere Holztür gekommen. Zu ihrer Überraschung fanden sie das Zimmer leer vor. Adalbert hatte die Universität während der letzten Nacht offenbar klammheimlich verlassen. Das Buch hatte er mitgenommen.

    Wir wissen heute mit Bestimmtheit zu sagen, dass Adalbert sich mitsamt dem Buch auf den Weg in die Ebene von Löwenheim gemacht haben muss, genau gesagt, in ein weitläufiges Waldgebiet in der Nähe von Birndorf. In einer alten Ruine, kaum mehr als ein paar Felsbrocken, muss er die Worte gesprochen und so die versiegelte Pforte in die Dunkelheit geöffnet haben.


    Der bedauernswerte Adalbert konnte nicht widerstehen und schritt durch das dunkle Portal, wodurch er sein Schicksal besiegelte.


    Doch das weit größere Problem war: Er kam wieder...

    (Fortsetzung folgt)

  • Danke! Die Bilder sehe ich mobil und am PC problemlos🤔

    Sehe es wie Robo beschreibt. Schöne Geschichte und ein toller Prolog. Leider ohne die Bilder.

    Die musst du vermutlich anders einbinden, Fletcher. Kriegst du das über die Gallerie-Funktion hin, oder noch einfacher per flickr?

    Ich denke, dass du sie siehst, hängt damit zusammen, dass sie bei dir auf den Geräten hinterlegt sind. (Das ist ja schon öfter bei anderen - auch bei mir - vorgekommen. Mit Flickr war es dann einfach.)

    Vielleicht kann zudem Vaionaut helfen?

    Viele Grüße

    Ben

  • (...) Wie üblich hast du mal wieder deine ganze Kreativität bei der Namenswahl ausgepackt ^^

    Dem kann ich nich nur anschließen. Die lyssarischen Namen sind einfach unglaublich gut und sehr kreativ.

    (...) wie ein Erstsemestler von Tag zu Tag bei der ersten Seminararbeit aussieht.

    Haha, da musste ich auch dran denken. Auch wenn die bei mir schon fast 20 Jahre her ist. Aber es hat sich gelohnt - keine Woche nach der Abgabe hat mir der Dozent eine HiWi-Stelle angeboten. Also: Dran bleiben. Für die angeschwollenen Augen gibts ja Sonnenbrillen. 8) ^^

    Ansonsten: Den augenscheinlichen Zerfall von Adalbert hast du klasse umgesetzt. Nicht bur an der Figur selbst, sondern auch in seiner Studierstube! :love:

    Bin gespannt, was Adalbert bei seiner Rückkehr im Gepäck hat!

  • Hi Fletcher,

    Tolle Geschichte und hübsche Szenen. Abgesehen von der schönen Inneneinrichtung des Zimmers gefällt mir die Idee mit den verschiedenen Tageszeiten verdammt gut und sie wurde auch gut umgesetzt. Bei der ersten Szene hätte der Weg vielleicht noch etwas detaillierter ausfallen können.

    LG, Niklas

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!