Kapitel VII – Zurück in den Sumpf
III
Rückblende: Die Gefährten waren aufgebrochen, um den Visionen Zarks auf den Grund zu gehen. Nachdem sie bei den Sumpmenschen niemanden antrafen, erkannten Ihre erfahrenen Fährtenleser, dass das Volk geflohen waren. Sie folgten einer Spur die tief, sehr tief in den Sumpf führte...
Es vergingen einige Tage während sie den Spuren folgten. Da der Weg beschwerlich und der Sumpf unbarmherzig war, konnten sie nur ein sehr langsames Tempo an den Tag legen. In den nächtlichen Pausen, in denen immer einer die Wache übernahm, plagten Zark weiter die Visionen des Plateaus – sie wurden von Nacht zu Nacht stärker. Trokk machte sich große Sorgen und auch Mischa der kleine Bär, kuschelte sich nachts eng an Zark.
Es war nicht mehr zu leugnen. Sie spürten etwas – war es die Präsenz die das Sumpfvolk in Aufruhr brachte? Adular der Halbriese hatte keinen Zweifel, es war eine alte, dunkle Magie im Spiel. Die Schamanen der Otherod-Biduinen erzählten oft vermeintliche Schauermärchen von uralten Kräften, die dunkler als die Nacht und böser als der brutalste Barbarenherrscher waren.
Die Gefährten, die am Anfang der Reise noch vor Tatendrang strotzten, wurden immer ruhiger. Bis sie schlussendlich schweigend der Spur folgten. „Halt, die Spuren… Sie werden deutlicher. Wir kommen Ihnen näher“, rief Cecilia.
„Nur endet der Pfad hier und sie führen in das sumpfige Gewässer vor uns“, fügte Jorsk der Wildeber hinzu.
„Ich gehe voran und taste mich langsam vor“ sagte Zark. Adular warf ihm einen festen Strick zu und zeigte ihm mit einem Kopfnicken seine Zustimmung.
Voller Ehrfurcht und mit höchster Achtsamkeit ertastete der Mischling langsam mit seinen Füßen einen Weg. Als ihm das Sumpfwasser schon bis zur Halse stand, zog sich das Seil straff und Adular wollte ihn rausziehen. Doch Zark ging weiter, bis irgendwann das Wasser so hoch stand, dass es ihm schon in die Nase schwappte. Wieso schwamm er nicht? – fragten sich die Gefährten. „Hier ist ein Weg, ein alter gepflasterter Weg! Ich bin mir sicher, dass diese alten Steine unter meinen Füßen uns zum Ziel geleiten!“
Gefährte für Gefährte folgte ihm ins Wasser. Sie wateten eine ganze Weile im sumpfigen Gewässer. Während sich Blutegel Lücken zwischen den Stiefeln und Hosenbeinen suchten, schwammen in regelmäßigen Abständen Krokodile gefährlich nah an den Gefährten vorbei. Mit schwingenden Fackeln und unbeholfenen Schwerthieben unter Wasser, hielt die Gruppe die Reptilien einigermaßen in Schach.
In der Ferne sah die Gruppe schemenhaft eine große Ruine mit vier kleinen Türmen – sie sah aus wie ein Podest mit einer Statue. Doch je näher sie der Statue kamen, desto klarer wurde es: Ein riesiger Koloss thronte auf dem Plateau – auf dem Plateau aus Zarks Visionen. Die Gruppe hielt instinktiv still und versuchte langsam umzukehren. Denn das Wasser war absolut keine Basis um einen Kampf zu beginnen. Eine blecherne laute Stimme, die in den Ohren schmerzte und das Wasser zum Vibrieren brachte schrie die kleine Gruppe an: „IHR SECHS, DIE VOR MIR FLIEHEN WOLLT; KOMMT SOFORT ZU HER!“
Die Gruppe erfasste eine Welle, zog sie wirbelnd unter Wasser und schwappte sie schlussendlich vor das Plateau. Sie husteten das Wasser aus ihren Lungen und blicken unglaubwürdig nach oben – ein kolossaler Zentaur, so riesig wie die Mauern einer Feste, mit einem Stahlhelm so groß wie ein stämmiger Mann.
Zark richtete sich auf, spuckte das letzte Sumpfwasser aus seinem Mund, packte sein Beil und ging auf ihn zu, während die anderen noch keuchend und hustend am Boden lagen. Zark spürte es nicht mehr. Das dunkle Gefühl war weg. Er blickte an dem Zentauren hinauf und wollte ihm in die leeren Augenschlitze des Helmes sehen, als er einen riesigen Schlüssel, der um seinen Hals hing sah.
„DESWEGEN? DIES IST EUER BEGEHR? DANN IST DIES AUCH EUER ENDE!“ schrie die blecherne Stimme. Das Plateau bebte von den Schritten des Zentauren, der Zark immer näher kam. Doch anstatt Deckung zu suchen, erwiderte Zark: „Dies ist nicht mein Begehr, ich bin nicht daran interessiert. Ich suche eine Frau und einen alten Sumpfmann.“
Der Koloss blieb stampfend stehen und blickte über seine Schulter hinter auf den Plateau-Boden – es war der Dorfälteste, der verletzt am Boden lag.
Als Zark zu ihm rennen wollte pfiff in einem schrillen Ton ein Pfeil an ihm vorbei, der dem Koloss in die Brust wie ein Pflock jagte. Unbeeindruckt vom Pfeil richtete er sich auf und lies einen Schrei los, der eine Druckwelle auslöste. Zark taumelte und drehte sich verwundert zu seiner Gruppe. Doch der Pfeil kam nicht von seinen Gefährten. Ein zweiter Pfeil pfiff geradewegs durch die Luft und traf den Koloss erneut in die Brust. Diesmal konnte Zark sehen woher der Schuss kam: Eine schwarze Gestalt zischte durch die Baumkronen und war für das Auge kaum sichtbar. Der nächste Pfeil ließ nicht lange auf sich warten, doch auch dieser machte dem Zentauren nichts. Die Gestalt näherte sich dem mit hoher Geschwindigkeit dem vierbeinigen Wesen und versuchte ihn aus der Nähe anzugreifen. Der Zentaur holte aus und schlug mit voller Kraft in den Angreifer, der daraufhin ins Wasser flog.
Der Kampf war vorbei und Zark hielt mittlerweile die Hand des Dorfältesten. „Ihr müsst den Stein bewachen. Er ist einer von vieren. Einer mit großer Macht…“, keuchte der Dorfälteste
In diesem Moment schoss die schwarze Gestalt genauso schnell aus dem Wasser, wie sie ins Wasser flog. Der Zentaur holte erneut zum Schlag aus, doch der Angreifer war vorbereitet, er schwang sich elegant über die große Faust und rammte seinen stählernen Langbogen in den Augenschlitz des Helmes. Der mannsgroße Kopf kippte nach hinten und langsam sackte der Koloss in sich zusammen. Die schwarze Gestalt, sichtlich lädiert und geschwächt, zog ihren Bogen aus dem Helm und hüpfte sanft vor den zusammensackenden Zentaur auf den Boden. Er zertrat den Kristall-Kopf, der den Griff des Schlüssels darstellte und zog einen großen blauen Stein heraus.
„Cecilia, Trokk!“ rief Zark und die beiden zielten sofort mit Langbogen und Armbrust auf den Angreifer. Unbeeindruckt zog die dunkle Gestalt los. Beinahe gleichzeitig zischten Bolzen und Pfeil aus den Waffen der beiden Gefährten. Der schwarze Schütze wich den Geschossen müde aus und schoss auf Cecilia und Trokk zurück. In diesem Moment stellte sich Drur der Zwerg vor die zwei und fing den Pfeil mit seinem Schild ab. Der Pfeil rammte mit einer enormen Kraft auf den mit Stahl beschlagenen Schild, dass Drur nach hinten flog und dabei Cecilia und Trokk mit ins Wasser riss. Adular und Jorsk stürmten auf den dunklen Schützen zu. Der schwarze Angreifer sprang ihnen entgegen und schlug beide mit seinem stählernen Bogen nieder. Als er mit einem Bein auf Jorsks Brust stand und seinen Bogen hoch in die Luft riss um ihn mit dem spitzen Ende zu durchbohren, trillerte erneut ein Pfeil durch die Luft. Die schwarze Gestalt konnte ein Stück ausweichen, doch der Pfeil war zu schnell und rammte wie ein Hammer in dessen Schulter. Der dunkle Schütze ging zu Boden, kontrollierte seine Tasche, um sicher zu gehen dass der Stein drin war, sprang ins Wasser und war verschwunden.
Jorsk blickte erstaunt in die Schussrichtig – denn der Pfeil kam nicht von einem der seinen…