Gardien, Stadt der Orks

  • Hochverehrenster Freund,
    ich versprach Dir in meinem vergangenen Schreiben die wohlgesinnten Neuigkeiten, die Du mir trotz intensiven Nachfragens nicht entlocken konntest. Ich möchte sie Dir nicht weiter vorenthalten. Ich meine zu glauben, dass ich nach so langer Zeit Dir mehr berichten kann.
    Alte Erzählungen berichten von einer Stadt, in der Milch und Honig fließen. Ein Zentrum wirtschaftlicher Blüte in der südlichen Hemisphäre, die unterschiedliche Kulturen gleich einem Schmelztiegel beheimatete. Es ist die Rede von der Stadt Gardien, die ihren Beinamen „Juwel des Südens“ diesen Beschreibungen verdankte.
    Heute würde niemand mehr Gardien diesen Beinamen geben. Nicht mehr, seit dem „großen Ansturm“, der zugleich den größten militärischen Sieg der orkischen Kämpen in mittlerer Zeit bedeutete.

    Ein Heer, so gewaltig, dass es bis an den Horizont reichte, sammelte sich einst vor der Stadt. Ganze 90 Tage leisteten Menschen, sowie die Kinder der Wälder und Berge Seite an Seite Widerstand und hinderten dem Tod am Überschreiten der Schwelle. Der Feind obsiegte trotz aller Anstrengungen und die Stadt und das dortige Leben versiegten. Doch statt dem ewigen Vergessen anheim zu fallen, vom Sande der Geschichte bedeckt zu werden, geschah etwas Merkwürdiges. Das Leben zog mit Sieg der Schweinsnasen weiter, doch zugleich hielt es mit ihnen Einzug. Gardien ist seitdem die Stadt der Orks.
    E
    ine Stadt in der es Leben gibt – eine Gesellschaft und etwas, was als Kultur in unseren Kreisen bezeichnet werden kann.

    Ein besonderer Punkt dieser gesellschaftlichen Zusammenkunft befindet sich an einem der alten Stadttore. Die Menschen nannten es einst, das Schimären-Tor, wegen den unterschiedlichen Steintönen, während die Orken den Namen „Schwarzes Tor“ bevorzugen. Der Grund dafür ist relativ simpel. Die alten Feuersbrünste der Kriegsmaschinerie leckten an Holz wie Stein gleichermaßen und gaben dieser Szenerie eine tertiäre Färbung.
    Das alte Mauerwerk hat sehr unter Krieg und Zeit gelitten. Große Teile der Befestigungsanlagen sind geschliffen worden.
    An schönen und wolkigen Tagen sind die Plätze am Schwarzen Tore gut besucht. Doch das warme Klima ist für viele Gemüter anstrengend. Ein Ork namens Immgrimsch ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Jeden Tag zum höchsten Sonnenstand kommt er zum Tor und bettet sich auf eine der bequemen, schattigen Fellplätze. Ich kann mich an keinen Tag entsinnen, wo er seiner Pause nicht nachgekommen war. Ich glaube, man kann ihn als einen Ork mit inneren Frieden bezeichnen, wenn Du mir diese Formulierung verzeihst. Andererseits habe ich manchmal das Gefühl, dass er das Gemütliche mit dem Nützlichen verbindet. Die Marktschreierin gegenüber erhält zur Mittagszeit des Öfteren neue Waren und neulich beobachtete ich Immgrimsch, wie er ein großes hölzernes Steuerruder davon trug. Würde du meinen Worten Glauben schenken, wenn ich mutmaße, dass ein Orke ein Schiff in der Wüste baut? Ein Wüstenschiff?
    Bevor Du mich für von Sinnen erklärt, komme ich zu meiner nächsten Beobachtung. Es handelt sich um eine Orkin, die genauso gut ein Kind des Berges sein könnte. Ihr Name ist Orma-Li und sie ist die von mir zuvor erwähnte Krämerin. Ich habe lange mit mir gerungen, sie als Krämerin zu bezeichnen, da sich von goldglänzenden Edelmetallen bis wertlosen Abfall alles in ihrem Besitze wiederfindet. Sie ist jedenfalls eine Krämerin mit einer festen Pranke, muss ich zugeben. Das Feilschen scheint für sie keine Option zu sein. Wie ich hörte, blickt die alte Dame auf eine lange und recht raue Geschichte zurück. Einst flickte sie die verwundeten Krieger wieder zusammen. Bei so einem rauflustigen Volk wie den Orks hatte sie wahrlich genug zu tun. So manch unser einst würde sich doch wundern, wie rasch ein derber Ork sich unter den medizinischen Fittichen der alten Dame zu einem furchtsamen Bündel zusammengeschrumpft ist. Auch Knochennadeln können Schmerzen verursachen, aber das muss ich Dir ja nicht erzählen.
    Während ich gerade diese oberen Zeilen in die Tinte diktiere, sah ich Jortras mit seinem Fuhrwerk durch das Tor in die Stadt einziehen. Er hatte natürlich seinen Ochsen dabei, der wie immer oben auf dem Fuhrwerk saß.
    Sei nachsichtig mit mir, der arme Jortras muss in dieser kargen Umgebung mit den wenigen Steppengräsern auskommen, während in nicht allzu ferner Zukunft sein Eigner einen dicken Schinken aus seiner Keule schneiden wird.
    Die Freiheit, die ich Jortras gerne schenken würde, besitzt Lutullius zur Genüge. Heute unterhält und bespaßt er die Orkenknaben am Schwarzen Tor. Gerne sehe ich seinen Kunststückchen zu. Noch viel lieber sind mir allerdings seine Darbietungen, wo seine bunt bemalten Wurfkugeln danebengehen.
    In diesem Zusammenhang frage ich mich, ob der Tagelöhner davon etwas mitbekommt? Ich habe es bis heute versäumt, mich nach seinen Namen zu erkundigen. Ich bewundere diesen Ork, ich kann dies nicht verhehlen. Einen jeden Tag aufs Neue fegt er die Pflaster vor dem Tore und beseitigt den Abfall und Schutt der anderen Orks. Ich muss einwenden, dass er sie in den Einschlagkrater fegt, den einst ein großes Katapultgeschoss geschlagen hat. Vielleicht besteht ja sein Ziel darin, dieses Loch auf dem Platze so zu schließen. Oder es ist mein Wunschdenken, was ich in diese kleine Gestalt projiziere.
    Wie dem auch sei, meine Ausführungen neigen sich dem Ende. Deine Bitten der Rückkehr zeigen erste Wirkung bei mir, ich hege Gedanken zurückzukehren. Bis es aber soweit ist, verbleibe ich noch an diesem Ort, in Gardien, der Stadt der Orks.

    Hochachtungsvoll, deine C.

    PS: Anbei lege ich einen eingefangenen und colorierten Blickfang meiner oben geschilderten Beobachtungen.

    ***

    Die unbearbeitete Version:

    Spoiler anzeigen

    Auf den letzten Metern die Ziellinie noch überquert. Das Warten auf benötigte Teile hat dieses Mal die Fertigstellung verzögert, aber nicht verhindert.

    Ich hoffe, unabhängig vom Ausgang, dass Euch mein Beitrag gefallen wird.

    Und wer sich bis hierhin fragt, wer hinter C. steckt, den muss ich auf die Zukunft vertrösten. ;)

    lg Sascha

  • Hallo Sascha,

    eine sehr tolle Idee, eine Ork-Stadt zu zeigen. Darin sprießt förmlich das Leben - wie in anderen Städten der Neun Reiche. An einer Ecke ein Straßenkünstler, dann der selbstgebaute Ochse, der Besen, ... - überall gibt es etwas zu entdecken. :)

    Die Geschichte in Briefform ist ebenfalls eine fantastische Idee. Und ließt sich sehr gut. Bin schon sehr gespannt, wer C. ist.

    LG, Ben

  • Hallo Sascha :)

    Da ich ein großer Fan von deiner freien Gruppe bin, freut es mich sehr, dass du ebenfalls bei der aktuellen Challenge am Start bist.

    Die Geschichte ist, wie von dir gewohnt, super geschrieben und liest sich wirklich gut. Das Bauwerk selbst sagt mir ebenfalls sehr zu, durch die hellgrauen Goldbarren hast du einen tollen Untergrund mit einer schönen Musterung kreiert. Auch der Ochse ist toll gebaut und die Ork Kitbashfiguren sehen allesamt super aus.

    Sehr gute Arbeit! Viel Erfolg bei der Challenge :)

    Lg Patrick

  • Hi Sascha,

    jetzt komm ich endlich dazu, deine Geschichte fertig zu lesen! Wiedermal sehr schön geschrieben. Vor allem die Briefform ist was neues :)

    Auch baulichst hast du dich, wie andererseits schon erwähnt, wiedermal ein gutes Stück nach vorn gekämpft! Es wirkt schon alles sehr stimmig und viele schöne Details sind zu entdecken. Die Palme gefällt mir besonders, da man diese nur mit dickeren Stamm kennt. Auch der selbstgemachte Besen sieht klasse aus – wenn man den umdreht, würde er auch als schöne Keule durchgehen :) Auch deine Minifiguren haben schöne Posen, besonders gefällt mir der, in der Sonne, liegende Ork!

    Nur eins erschließt sich mir nicht ganz, vll ist das aber auch Absicht: Lebt die Verfasserin nun in Gardien oder versteckt sie sich dort und beobachtet heimlich?

    Immer wieder schön, was von den Mordbrennern zu sehen und zu lesen!

    Gruß,
    Chris

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